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Montag, 31.01.2022

Lesend lernen

Ich lese sehr gerne und relativ „querbeet“. Es begeistert mich, wenn Autoren es verstehen, mit Sprache zu spielen: wenn sie nicht nur sachlich Fakten benennen, sondern Situationen und Gefühle in ausdrucksstarke Sprachbilder verpacken. Ich liebe es, wenn Autoren die Regel „Ein guter Satz ist ein kurzer Satz“ ab und an hinter sich lassen und einen verzwickten Gedankengang in einem einzigen Satz über eine halbe Seite laufen lassen. Weil das einfach besser zu verzwickten Gedankengängen passt als ein kurzer Satz.
Beim Lesen tauche ich oft ganz in die jeweilige Geschichte ein. Erst kürzlich fand mich meine Familie heulend auf dem Sofa sitzend. Sie dachten vermutlich, es sei sonst was passiert, so verweint und wild vor mich hin schniefend, wie ich dasaß. Ich sagte ihnen, dass das Buch einfach so schön sei. Die Geschichte handelt von einer Freundschaft, die allen Widrigkeiten trotzt. Während ich das schreibe, merke ich, wie klischeehaft-kitschig es klingt – nach einem billigen Schnulzenroman. Die Geschichte ist fiktiv, und doch hat sie mich tief berührt, hat etwas in mir zum Schwingen gebracht. Das tun Bücher oft: Sie konfrontieren uns mit unseren eigenen Hoffnungen, Fragen und Ängsten. Dabei ist es unwichtig, ob es sich um eine Biografie handelt oder um eine fiktive Geschichte. Wir identifizieren uns mit den Personen, fühlen und denken uns in die beschriebenen Situationen hinein. Wir wägen beim Lesen innerlich ab, ob wir ähnlich gehandelt hätten. In Gedanken spielen wir verschiedene Möglichkeiten durch, lassen Gefühle und Gedanken zu, die wir uns im echten Leben womöglich verbieten würden. Beim Lesen von Geschichten lernen wir.
Das gilt auch für die Bibel. Die Dinge, von denen dort berichtet wird, sind vor langer Zeit passiert – vor Tausenden von Jahren. Sie trugen sich in einer anderen Kultur zu; die Lebensrealität der Menschen war eine andere als die unsere. Und doch gibt es viele Dinge, die gleich sind. Die Bibel erzählt von Menschen, die wie wir mit den Höhen und Tiefen des Lebens konfrontiert waren. Unperfekte Menschen mit Sehnsucht im Herzen nach einem liebenden Gott, der sie sieht und ihnen vergibt. Es ist gut, immer wieder in die Welt der Bibel einzutauchen. Das müssen nicht immer theologische Tiefenbohrungen sein. Auch beim einfachen Lesen können wir viel über Gott und uns selbst lernen. Wir müssen uns lediglich die Zeit nehmen und loslesen – zum Beispiel heute.

Nicole Sturm

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3 Antworten

  1. Hallo Frau Sturm,
    ich finde biblische Geschichten z.T. auch sehr spannend. Gerade habe ich die Geschichte von Josef und seinen Brüdern gelesen. Hoch interessant wie sich für Josef das Blatt gewendet hat. Oder wenn man ein paar Seiten in der Bibel weiter liest über die 10 Plagen, die Gott den Ägyptern schickt, damit der Pharao das israelitische Volk ziehen lassen soll. Für mich ist die Bibel kein Märchenbuch sondern ein Geschichtsbuch. Es ist von Gott initiert und zeigt uns, woher wir kommen und was nach diesem Leben auf uns wartet. Außerdem spricht es oft in meine (heutige!) konkrete Situation hinein und ich finde darin Rat und Wegweisung. Was mich auch als Vielleserin noch interessieren würde ist, von welches Buch Sie gelesen haben. Ich freue mich immer über Anregungen und Tipps für gute Literatur!

  2. Vielen Dank für Ihre Zeilen, ich weiß nicht, welches Buch Sie gelesen haben, aber ich habe ähnliche Erfahrungen mit "Unterwegs mit dir (1): Vier Frauen auf einer Glaubensreise" gemacht und das bei allen 4 Teilen. Beste Grüße

  3. Toll, wie Sie beschreiben, was in dem Leser vorgeht, wie er/sie sich mit den Personen/Geschehnissen in einer Geschichte identifiziert, bzw. mitfühlt. Für mich allerdings doch eine ganz andere Erfahrung, wenn ich weiß, dass das Ganze tatsächlich stattgefunden hat, wie zB das, was die Bibel berichtet. Und noch eins schwerwiegender, wenn das Buch, das ich lese, mir als Leitfaden fürs Leben dienen soll...
    Ja, einerseits gibt es spannende Geschichten und Tatsachenberichte in der Bibel, die sich eins zu eins in die heutige Zeit übertragen ließen, aber für mich läßt sich die Bibel auch fast mit einem Nachschlagewerk vergleichen, in dem sich wertvolle Anweisungen fürs Leben finden.
    Meine Bibellese führt mich in dieser Zeit gerade durch das Josua-Buch in der Bibel. Wie grausam, was dort zum Teil so abgeht!!! Aber wie wertvoll dann auch gleichzeitig die Erkenntnis, wie ernst es Gott mit uns meint; welch eine wichtige Rolle das Gottvertrauen spielt und wie dieses uns immer wieder durch alles hindurch trägt.
    Ja, in der Tat: Ein wichtiges LEHRBUCH !

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