Montag, 13.08.2018

Kein Geschöpf ist bei Gott vergessen

Als ich mit meiner Tochter unsere Kaninchen füttern gehe, sehe ich mit Schrecken, dass mit einem unserer vier Häschen etwas nicht stimmt. Ich schaue mir das Tier genauer an und erkenne schnell, dass hier nichts mehr zu machen ist. Gestern war noch alles bestens, unser Häschen hoppelte ganz unbeschwert mit den anderen durch die Gegend. Heute ringt es mit dem Tod. Ich weiß, dass alles, was ich jetzt unternehmen würde, das Häschen nur unnötig stressen würde. Seine Atmung ist schnell und flach. Hier kann kein Arzt mehr helfen. Ich schaffe meine Tochter behutsam aus dem Gehege und sehe immer wieder stillschweigend nach dem leidenden Tier.
Mir scheint, als ob das Häschen wüsste, was geschieht. Es ist vollkommen ruhig, sucht sich noch eine angenehme Position, wo es seinen Körper entlastend betten und den Kopf abstützen kann, dann stirbt es. Nach zwanzig Minuten ist das Leiden beendet.
Ich wundere mich, was dieses Erlebnis mit mir macht, nachts schlafe ich wenig und trauere um unsere Papaya, wie die kleine Kaninchendame hieß. Am nächsten Tag erzählen wir es unseren zwei großen Kindern. Unter Tränen verabschieden wir uns und beerdigen unsere Papaya. Trost spendend und gleichzeitig suchend begleite ich meine Tochter zu ihrer ersten Ballettstunde. Danach essen wir ein Eis und ich genieße die Zeit mit ihr besonders. Auch sie beruhigt sich. Später sagt sie mit einem Lächeln auf dem Gesicht: „Mama, ich glaube Papaya tanzt gerade im Himmel Ballett.“ Ich freue mich, dass es ihr etwas besser geht, und merke, wie die Vorstellung auch mich selbst tröstet, dass Papaya vielleicht wirklich gerade im Himmel Ballett tanzt. Doch dann fühle ich mich bei diesem Gedanken naiv. Ich bin doch eine erwachsene Frau! In Anbetracht der aktuellen Weltgeschehnisse bekomme ich fast ein schlechtes Gewissen: Da ertrinken hunderte Menschen in den Meeren, andere sterben bei Attentaten oder anderen Grausamkeiten, und ich trauere um ein kleines unbedeutendes Tier!
Abends legt mir mein Mann die Bibelverse für den Tag aus dem Buch „Herrnhuter Losungen“ in den Schoß und ich bin tief bewegt: „Gott der Herr machte aus Erde alle die Tiere auf dem Felde und alle die Vögel unter dem Himmel und brachte sie zu dem Menschen ... Und der Mensch gab einem jeden … seinen Namen“ (1. Mose 2,19–20). Und: „Verkauft man nicht fünf Sperlinge für zwei Groschen? Dennoch ist vor Gott nicht einer von ihnen vergessen“ (Lukas 12,6).
Ich fühle mich durch diese Bibelverse von Gott wahrgenommen, aufgefangen und getröstet. Wieder einmal kann ich kaum begreifen, wie er sich um jedes meiner Anliegen kümmert, auch wenn es für das große Weltgeschehen noch so unbedeutend zu sein scheint. Unbegreiflich, wie sehr ihm jedes Lebewesen am Herzen liegt und wie seine Fürsorge alle einschließt, auch die kleine Papaya. Mit einem Lächeln im Gesicht denke ich an das balletttanzende Häschen im Himmel und finde Frieden bei meinem Schöpfer und Vater.

"Danke" an die Autorin

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5 Antworten

  1. Wir haben gerade erlebt, dass unsere Glucke 3 Küken ausgebrütet hat. Da steht man nur staunend davor und sagt dem Schöpfer danke für dieses Wunder des Lebens. Mich hat es neu zum Nachdenken gebracht, ob ich immer behutsam genug mit ALLEN Geschöpfen unseres Vaters umgehe. ER hat alle einzigartig gemacht!!!

  2. Ich habe beim Lesen des Texts gedacht, dass meine Schwester, die vor ein paar Monaten gestorben ist, jetzt vielleicht auch im Himmel tanzt. Und fröhlich ist. Ich hoffe, es geht ihr gut. Ich hoffe nur, dass sie ihre Familie nicht zu sehr vermisst, die wAr nämlich schon sehr, sehr wichtig für sie.

  3. Danke für den heutigen Montagsgedanken. Ich fühle mich dadurch verstanden. Auch ich habe schon viele Vögel beerdigt und um jeden einzelnen getrauert. Einer der Spatzen ging mir besonders nahe. Krümmel, wie ich ihn getauft hatte, war in ein enges Rohr gefallen, wo er allein nicht wieder rauskam. Ich habe ihn behutsam mit dem Staubsauger angesaugt und rausgeholt. Dannach hielt ich Krümmel in meiner Hand, hörte sein Herz schlagen. Doch keine Stunde später war er nicht mehr. Es hat eine ganze Weile gedauert, eh ich darüber weg war.

  4. Danke für diesen Beitrag. Auch bei uns wurde und wird um jedes Tier das zu unserer Fam. gehörte getrauert, ich finde das ist eine Wertschätzung gegenüber der Schöpfung.

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