Kontakt & Service

Montag, 06.11.2023

„Du bist die Tochter!“

Kürzlich erzählte eine Bekannte aus ihrer Jugendzeit. Ihr Vater hatte ein kleines Lebensmittelgeschäft. In der Kleinstadt lief vieles noch sehr persönlich ab. Die Kundinnen waren gut bekannt. Bestellte Lebensmittel wurden noch in die Häuser geliefert. Meine Bekannte hatte bei ihren sehr liebenswerten Eltern gelernt. Als sie in ihrem Laden einen Lehrling anstellten, war es ihre Aufgabe als Tochter, ihn in alles einzuweisen, mit ihm per Fahrrad zu den Kunden in die Häuser zu fahren, ihm zu zeigen, wo die Lebensmittel in die Küche gestellt, die Getränke in den Keller gebracht und das Leergut wieder mitgenommen werden musste. Am Ende eines solchen Besuches bekam der Lehrling von der Kundin fünfzig Pfennig und sie selbst nur ein Stück bittere Schokolade.

Ich schluckte bei ihrer Erzählung. Sie erzählte, dass sie selbst damals innerlich empört gewesen war und sich später bei ihrem Vater darüber beklagte. Er antwortete ihr nur: „Der Lehrling ist der Lehrling, aber du bist die Tochter.“

Diese Worte gingen mir nicht mehr aus dem Kopf, und seitdem denke ich intensiv darüber nach. „Du bist die Tochter!“ Was für ein Satz, eigentlich eine Auszeichnung! Ich spreche diese Worte immer wieder laut aus. „Du bist die Tochter.“ Sie verfehlen bei mir nicht ihre Wirkung.

Warum aber, frage ich mich gleichzeitig, muss ich aus diesem Grund verzichten und mich mit weniger begnügen? Wiegt das eine das andere auf? Ich glaube, eben darum, weil ich etwas Größeres besitze: Die unauflösliche Beziehung zu meinem Vater. Jeder Mensch hat einen Vater. Ein guter Vater hat gewöhnlich sein Kind lieb, sorgt für es und will nur das Beste, auch wenn es für uns manchmal nicht so aussieht.

Ich übertrage diesen Satz auf Gott, den ich durch Jesus Christus meinen Vater nennen darf. Welch hohe, ja höchste Bedeutung hat dann das Wissen darum, seine Tochter sein zu dürfen! So oft ist es mir gar nicht bewusst.

Wie anders ist das Leben in dem Wissen, Gottes Tochter zu sein, durch nichts getrennt, immer durch seine Liebe mit ihm verbunden zu sein. In der Gewissheit: Wo ich auch bin, was auch geschieht, ich bleibe seine Tochter. In diesem Wissen lerne ich auch Schweres zu ertragen und Momente, in denen ich das Gefühl habe, dass es anderen besser geht und ich „nur ein Stück bittere Schokolade“ bekomme. Denn ich bin seine Tochter, er sieht mich, hört mich und weiß, was ich denke und fühle. Er kennt meine Traurigkeiten und Enttäuschungen, aber auch meine Erfolge und Freuden. Er ist mir nahe, er ist eben mein Vater.

"Danke" an die Autorin

Der Beitrag hat Ihnen gefallen? Sagen Sie „Danke!“ mit einem Kommentar.

Artikel teilen?

Was denken Sie?

Teilen Sie Ihre Gedanke mit uns und anderen Lesern! Wir freuen uns über Ihren Beitrag.

> Kommentieren

10 Antworten

  1. Wie wahr....wie oft war ich enttäuscht weil es "nur ein Stück bittere Schokolade gab" nun im Laufe meines Lebens erkenne ich dass ich immer den besseren Teil bekommen habe...durch die Liebe meines Vaters im Himmel...bin ich immer behütet und gesegnet gewesen....und das ist mehr wert als alles andere was die Welt zu bieten hat...ich bin froh und dankbar die Tochter zu sein!

  2. Hallo,
    Da klingt für mich was an aus dem Gleichnis, das Jesus erzählt, wo der Vater zum ältesten Sohn sagt: "Du bist allezeit bei mir gewesen, das was mir ist ist auch dir."
    Ich bin mir oft nicht bewusst, wie dankbar ich sein kann die Tochter zu sein, die schon jetzt ganz nah am Vater sein darf.

  3. Danke, Ihr Text hat mich sehr angesprochen. Wie häufig kommt es auch da auf die Perspektive an, im irdischen Dasein fühlen wir uns schnell mal benachteiligt. Gerade daran arbeitet "Papa" auch mit mir in einigen Bereichen...

  4. vor etwa 30 Jahren griff die Gnade Gottes nach meinem Herzen. Ich wusste in einem Moment dass es Gott gibt, und er mein Vater ist, und ich von ihm gewollt war. Dazu kam dann im Laufe der Zeit Jesus, als mein Erlöser, der Hl. Geist als mein Licht und Überbringer allen Lebens Gottes und Maria seine und meine Mutter.Bis zu diesem Zeitpunkt der Bekehrung war ich verloren umd depressiv. Heute gehe ich in Freude, Kraft, Liebe und Zuversicht durch mein Leben.

  5. Das erleben wir auch immer wieder hier in unserer Gemeinde. Die 'Anfänger im Glauben' machen sehr oft tiefere Erfahrungen als die alten Hasen.... Danke für die Geschichte.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Keinen Montag verpassen?
Unser Impuls zum Wochenstart jeden Montag im Postfach 

> NEWSLETTER ANMELDEN

Mehr Montage

Als sie von einer Bewahrung hört, ist Nicole Sturm betroffen – und fragt sich, ob da ein Wunder im Spiel ist.

Von Nicole Sturm

Was wäre, wenn? Sina Hottenbacher wagt das Gedankenexperiment, was geschehen würde, wenn sie sich und andere mit Gottes Augen sehen könnte.

Von Sina Hottenbacher

Von klein auf ist Brot für Dorothea Kerner ein wichtiger Teil ihres Lebens. Doch hat es damit noch mehr auf sich, als nur den Hunger zu stillen?

Von Dorothea Kerner

Was Jesus an Ostern erlitten hat, das gilt für jeden Menschen. Aber auch ganz persönlich für dich und mich. Da ist sich Monika Schlagmüller sicher.

Von Monika Schlagmüller

Ein Jahr volle Montage?

52 Impulse zum Wochenbeginn. Damit Montage zu Lieblingstagen werden.

> JETZT ALS E-BOOK BESTELLEN