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Montag, 28.08.2023

Die Schnecke und der

Ring

„Ständig bin ich langsamer als andere“, sage ich frustriert zu meiner Freundin. „Ich bin weniger leistungsstark und fühle mich oft wie eine Schnecke, die sich zwischendurch in ihr Haus zurückziehen muss, um sich zu erholen.“ Im Gespräch wird deutlich, dass dies nur meine sehr begrenzte Perspektive ist: Denn während ein vermeintlich Schnellerer schon das Auto aus der Garage holt, schließe ich im Haus die Fenster, hole Einkaufstaschen und Einkaufzettel und setze die Spülmaschine in Gang. Das Feedback meiner Freundin rührt mich: „Du denkst die Dinge im Vorfeld durch. Du ordnest. Du bist zielstrebig. Ohne dich würde vieles vergessen und übersehen werden, und dadurch kämen schließlich Abläufe ins Stocken und würden länger dauern.“ Das hört sich gut an!

Einige Zeit später stehe ich in einem Second-Hand-Laden und stöbere durch den Modeschmuck. Ich entdecke einen Ring, der mir spontan gefällt, und kaufe ihn. Zu Hause angekommen, besehe ich das Schmuckstück genauer: Die ovale Ringfassung hält einen weißen Stein, auf dem die geschwungene, hellbraune Linie eines Schneckenhauses zu erkennen ist. Ich bin berührt. Ist das mein Schneckenhaus? Es hat nichts von der Schwere, der Langsamkeit, dem zähen Schneckenschleim und der mühsamen Erdverhaftung! Ich frage mich, ob dieser Ring mir bei der Umdeutung meines traurigen Selbstbildes helfen kann. Hat Gott mein kleines Gebet um Veränderung gehört? Das Schneckenhaus auf dem Ring wirkt zart. In seinen inneren Windungen ist dasselbe helle Weiß, von dem es auch umgeben ist. Weiß! In mir und um mich herum. Weiß ist die Farbe der Reinheit. Weiß erzählt von einem Gott, der Schuld vergibt und mir nahekommt. Weiß symbolisiert, dass Gott Neues schafft. Die festliche Steigerung von Weiß ist Silber. So wie der weiße Stein von einer silbernen Ringfassung umgeben ist, so ist mein Leben von dem ewigen Gott umgeben.

Ich will mich nicht mehr über meine Langsamkeit und Schwäche definieren, sondern über die Beziehung mit dem ewigen Gott! Das macht meine Seele leicht. Ich betrachte den vor mir liegenden Ring und spreche laut ein Gebet: „Du und ich – jetzt und in Ewigkeit! Ich: Nie allein. Du: Immer da. Dein Leben in mir. Dein Schutz um mich herum.“ Mir schießen vor Rührung die Tränen in die Augen. Der Bibelvers „Christus in euch, die Hoffnung der Herrlichkeit“(Kolosser 1,27) bekommt für mich ein Bild.

Schnecke bleibt Schnecke. Meine Langsamkeit bleibt. Ich werde weiter üben, mein Anderssein anzunehmen. Aber ich bin aufgehoben und gehalten von Gottes Güte. Seine Wirklichkeit macht mich zu etwas Schönem, Zartem, sogar Anmutigem.

Ich stecke den Ring an und trage ihn seither sehr oft. Er symbolisiert für mich Gottes Versprechen, dass wir für immer und ewig zusammengehören. Und er erzählt mir – gerade dann, wenn ich mich nicht so toll fühle –, dass er„Wohlgefallen“ an mir hat (Lukas 2,14).

Christine Schlagner

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10 Antworten

  1. Danke, genau so ist es. Gott trägt uns und ist für uns da, wir dürfen uns von ihm umschlossen und getragen fühlen. Ich hatte gestern überlegt, ob ich mein Profilbild in eine Schnecke umwandle, weil ich durch Post Covid sehr langsam bin. Danke für die Worte heute morgen. Euch eine gesegnete Woche.

  2. Liebe Frau Schlagner,
    vielen Dank das tut so gut zu lesen. Mir schießen auch die Tränen in die Augen, so berührt bin ich, denn es ist, als würde da von mir gesprochen.

    Sie haben eine wunderbare Freundin. genau solche Menschen brauchen wir in unserem Leben.

    Von Herzen wünsche ich Ihnen und Ihrer Familie Gottes reichen Segen.

  3. Ein großartiger Text! Herzlichen Dank dafür!
    Ich arbeite auch daran mein Langsamer als "die anderen" sein und mein größeres Bedürfnis nach Rückzug zu akzeptieren.
    Ich bin ich! Mein Auftrag ist es JESUS ähnlicher zu werden und nicht vermeintlich erfolgreicheren, sportlicheren Menschen!
    Gott segne Sie reichlich, liebe Frau Schlagner.

  4. Der Impuls hat mich sehr berührt, weil ich für mich oft auch das empfinden habe, eine Schnecke zu sein in allem zu langsam, um mich herum sind alle schneller und ich hincke hinterher und das frustriert oft. Aber es ist echt ein lernfeld zu glauben , dass es auch genau diese Schnecken braucht zur Ergänzung der Turboschnecken. Ich trage selber auch zwei Schmuckstücke die mich immer wieder an die Güte Gottes erinnern und sein Versprechen " Ich bin da , ich sehe dich ".
    Also ein Hoch auf Gott und alle Schnecken .

  5. Auch ich fühl mich dabei angenommen und wertgeschätzt, trotz der Andersartigkeit, die ein Teil von mir ist. Danke JESUS, dass ich bei dir so sein darf, wie ich bin, und du mich trotzdem siehst und auch liebst.
    Gottes Segen wünscht Conny

  6. Mir spricht das Geschriebene auch voll aus dem Herzen, liebe Frau Schlagner. Schon oft habe ich mich mit anderen Frauen verglichen, die schneller waren als ich und war dann natürlich mit mir selbst unzufrieden. Aber zu meiner Freude habe ich gelernt, dass ich so sein darf, wie der liebe Gott mich gemacht hat. Ich bin dafür gründlicher und das ist doch auch eine gute Eigenschaft!
    Wie schön, dass Gott nicht von uns erwartet, dass wir in allem die Schnellsten sind! Die Hauptsache ist doch, wir bleiben mit IHM auf unserem Weg.
    Gottes Segen und liebe Grüße an alle.

  7. Vor einigen Tagen hatte ich eine ähnliche Erkenntnis. Beim Lesen dieser Montagsgedanken ist sie mir wieder eingefallen:

    Jedes Mal sagte er: »Meine Gnade ist alles, was du brauchst. Meine Kraft zeigt sich in deiner Schwäche.« Und nun bin ich zufrieden mit meiner Schwäche, damit die Kraft von Christus durch mich wirken kann. (2.Korinther 12 Vers 9 aus: Neues Leben.Die Bibel)

    Immer, wenn mir meine Begrenzungen bewusst werden, möchte ich nicht mehr, so wie bisher, auf meine Grenzen schauen, sondern auf den Reichtum Gottes, den ich dann erkenne, wenn ich in seine Richtung schaue. Und aus diesem Reichtum seiner Gnade darf ich schöpfen.
    Vielen Dank, liebe Christine Schlagner, für diese Montagsgedanken!

  8. Das spricht mir heute gerade zurecht in mein Leben. Ich bin durch Krankheiten so ausgebremst. Und so unzufrieden mit dem, dass ich nicht mehr das Pensum leisten kann, was ich wie selbstverständlich immer konnte. Erfrischend, nochmal neu zu hören, dass wir selbst uns gerne über Leistung definieren, nicht aber Gott. Ermahnend, uns nicht zu bemitleiden, es geht vielen anderen genauso. Toll, zu sehen, wie Gott handelt, um Zusagen in unser Leben zu bringen, die uns aufmuntern. Danke Herr für diesen Zuspruch heute.

  9. das ist so beruhigend und mit Freude verbunden, dass der Herr in uns wohnt, und uns immer hört und uns hilft. wir beten Ihn an!

  10. Danke für diesen Beitrag.😊
    Wie eine Schnecke 🐌 fühle ich mich auch gerade wieder. 😟
    Schon so viel erledigt und ich komme nicht vom Fleck.....
    Das Gelesene macht mir Mut.
    Planen und organisieren gehören auch zu meinen Stärken. Ich denke an Dinge, die anderen nicht einfallen würden.....
    Es hellt sich in mir auf und ich fühle mich richtig, so , wie ich bin. 😃🌞🌻🌿🌼

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