Der alte Herr ist ein ruhiger Mann, freundlich, höflich und zurückhaltend. Die Fotos in seinem Zimmer im Seniorenzentrum erzählen von seiner Familie, von Tochter und Enkelkindern und von seiner verstorbenen Frau.
Eines Morgens entdecke ich in der lokalen Tagespresse einen Artikel über seine Tochter. Sie hat eine große Veranstaltung geleitet, von der umfangreich berichtet wird. Darin wird sie mehrfach namentlich erwähnt, und zur Krönung des Ganzen sieht man sie fröhlich lachend auf einem Foto.
Na, wenn das nicht was Gutes für den Papa ist!, denke ich und schneide den Zeitungsartikel für ihn aus. Er nickt dankend, als ich ihm das Papier in die Hand lege. Nach einer Weile kommt er zu mir zurück und möchte mir den Bericht wiedergeben. „Sie können ihn gerne behalten, wenn Sie mögen“, sage ich. Da bedankt er sich noch einmal, diesmal mit einem weichen, frohen Leuchten in den Augen.
Später erfahre ich, dass er – in sein Zimmer zurückgezogen – im Zeitungsbericht den Namen seiner Tochter rot markiert hat, wo immer er auftauchte. Und eine Mitarbeiterin meint: „Der Artikel muss ihn sehr bewegt haben!“
Es ist eine innige Verbundenheit zwischen Vater und Tochter, die hier ohne Worte und eitles Gehabe durchscheint. Und genauso innig und tief ist des Vaters Freude über ihr Wohlergehen und ihren Erfolg. Ja, sie ist seine geliebte Tochter und vielleicht hat sie in dieser Situation auch dem Familiennamen alle Ehre gemacht, wie man es in früheren Zeiten nannte.
Ich weiß, dass das Leben nicht immer gut zu ihr gewesen ist und sie sich durch viele Schwierigkeiten hat kämpfen müssen. Aber ihr Vater stand immer hinter ihr, egal, was passierte. Und heute unterstreicht er ihren Namen. Persönlicher geht es nicht. Sie ist kein No-Name, keine Nummer, nicht „die aus Zimmer 218“oder „die Frau dort hinten“, die irgendwann mal an die Reihe kommen wird.
Sie ist nicht nur persönlich bekannt und wertgeschätzt und wird daher wohlwollend behandelt. Nein, sie ist herzlich geliebt und bei ihrem Namen genannt! Sie ist sein Mädchen, und er ist stolz auf sie! Diese behutsame, tiefe Liebe rührt mich an. Dahinter steckt das ganze treusorgende Leben des Vaters für seine Tochter und ein inneres Miteinander-verbunden-Sein.
Und diese Liebe erinnert mich an Gott, der mir sagen lässt: „Du bist kein No-Name, keine Nummer, nicht ,die aus Zimmer 218`oder ,die Frau dort hinten`, die irgendwann mal an die Reihe kommen wird. Du bist herzlich geliebt und bei deinem Namen genannt! Ich stehe immer hinter dir, egal, was passiert.“
Noch ein Gedanke drängt sich mir freundlich auf: Gott streicht nicht meine Fehler rot an, wie ich es in der Schule erlebt habe. Gott streicht meinen Namen rot an. Und das heißt: „Persönlich geliebt. Mein Mädchen. Absolut wichtig für mich. Oberste Priorität!“ Das ist ein Gedanke, den ich mir zu Herzen nehmen möchte. „Christine.“ Und wie klingt es wohl, wenn Gott meinen Namen liebevoll ausspricht?
„Ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!“ (Jesaja 43,1).
8 Antworten
Sehr schöner Text,der mich tief berührt. Vielen Dank dafür.
Eine wunderschöne Geschichte. Ja, wir werden alle beim Namen gerufen und gesehen. "Du bist ein Gott, der mich sieht"
Vielen Dank für's teilen mit uns
Mascha
Danke für diese wunderbaren Gedanken! Persönlich geliebt von Gott meinem Vater das hat mich grad berührt und mich ermutigt ihm in allem zu Vertrauen.
Liebe Christine,der Text hat mir Heute sehr geholfen und gut getan...
Vielen Dank für diese wunderbare Geschichte und die Erinnerung daran, wer ich wirklich bin. Das tut sehr gut.
Vielen Dank für die berührende Geschichte!
Ja, unser himmlischer Vater kennt jeden Menschen der über die Erde geht mit seinem Namen, dessen dürfen wir gewiss sein!
Das könnte ich ich auch beim meinem Vater erleben. Er stand
auch mir immer zu seite. Und meine irdische Schulden war ihm nicht zu
viel zu bezahlen. Ein echte Vater habe
ich gehabt. Das spiegelte schon hier
auf Erde Eigenschaften unserer Vater
In Himmel. Das er uns einnimmt so wie wir sind.
Dankeschön für den Artikel. Er hat mich sehr angesprochen.
So einen Vater, der stolz auf mich gewesen wäre, hate ich leider nicht.
Aber gut, dass es meinen Papa im Himmel gibt, der so viel anders ist