Das ungewollte Geschenk
An einem Vormittag klingelt es unerwartet an meiner Haustür. Als ich aus dem Fenster schaue, sehe ich die Postbotin. Sie stellt ein Paket vor der Tür ab und winkt mir freundlich zu. Als ich das Päckchen hereinhole, wundere ich mich, was darin sein könnte. Ich kann ich mich nicht daran erinnern, etwas bestellt zu haben. Ein Blick auf die Beschriftung des Kartons lässt mich noch mehr stutzen. Da scheinen Blumen drin zu sein! Seltsam. Vor kurzem hatte ich doch selbst in aller Eile bei dem gleichen Lieferanten einen Blumenstrauß bestellt. Für meine Freundin, die heute Geburtstag hat. Ich habe doch nicht etwa versehentlich meine eigene Adresse als Empfängeranschrift angegeben? Doch. Genauso ist es. Ich packe die Blumen aus und merke: Diesen Strauß habe ich an mich selbst geschickt statt an meine Freundin, die heute wohl leer ausgeht. Wie ärgerlich!
Die Blumen sind wunderschön, aber ich kann mich nicht daran freuen. Dann merke ich auch noch, dass zwei Rosen abgeknickt sind. Per E-Mail beschwere ich mich mit einem Beweisfoto beim Blumenversandhandel. Prompt bekomme ich eine Antwort mit dem Versprechen, mir einen Ersatzstrauß zu schicken. Das geht allerdings nur an die gleiche Adresse – also nochmal an mich persönlich. Ich bin verzweifelt. Was soll ich denn mit noch einem zweiten Strauß an mich selbst?
Doch dann beschließe ich, mich über die Blumen zu freuen. Es gelingt mir zunächst nur schwer, aber mit der Zeit immer besser. Ich danke Gott für dieses unerwartete Geschenk und genieße die farbenfrohen Blüten. Sie gefallen mir gut. Schließlich habe ich sie auch selbst ausgesucht! Dass zwei Rosen fehlen, fällt gar nicht auf. Für die Freundin, die Geburtstag hatte, habe ich einen neuen Blumengruß bestellt – diesmal an die richtige Anschrift. Sie freut sich riesig, auch wenn mein Präsent einen Tag zu spät ankommt.
Dann folgt auch der zweite Strauß an meine eigene Adresse, den ich als Ersatz für den ersten kostenlos erhalte. Ich beschließe, ihn einer guten Freundin zu bringen, die in meiner Nähe wohnt. Auf eine Karte, die ich beilege, schreibe ich: „Schön, dass es dich gibt!“ Sie ist ziemlich überrascht, als ich ihr die Blumen überreiche. Das wiederum macht mich richtig glücklich und zufrieden. Ich merke: Es fällt mir viel leichter, etwas zu verschenken, als selbst beschenkt zu werden.
Trotzdem will ich mich bewusst weiterhin an den Blumen freuen, die in meiner Wohnung stehen und noch immer frisch aussehen. Bestimmt wollte Gott mir auf diese Weise eine Freude machen. Es wäre schade, wenn ich dieses Geschenk nicht annehmen würde. Wahrscheinlich gibt es oft ähnliche Situationen, ohne dass ich es merke. Gott will mir etwas schenken, aber ich bin zu stolz, um es anzunehmen. Lieber will ich ihm selbst etwas geben: Gebet, Bibellesen, Zeit für andere, Geld für einen guten Zweck. Letztendlich sind aber auch diese Gaben Geschenke von Gott an mich: Er hat Zeit für mich; gibt mir sein Wort; beschenkt mich mit Begegnungen; vertraut mir Geld an. Es ist wunderbar, sich von Gott beschenken zu lassen! Er hat große Freude dabei. An Weihnachten hat er Jesus für uns in die Krippe gelegt. Und das ganze Jahr über hält er weitere liebevolle Überraschungen für uns bereit!
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