Neulich musste ich an Gabi denken. Vor Jahren hatte sie erzählt, wie sie frühmorgens ins Badezimmer schlich, um dort zu beten. Oft war sie müde, aber mit Bibel, Tagebuch und einer Tasse Kaffee in der Hand steuerte sie zielstrebig auf das Badezimmer zu. Ihr Mann schlief noch, also bemühte sie sich, möglichst leise zu sein. In eineinhalb Stunden sollte ihr Dienst in der Klinik beginnen, sie hatte also noch etwas Zeit.
Langsam ließ sie sich auf dem schmalen Badvorleger nieder. Sie war angekommen – in ihrem Heiligtum.
Hier erzählte sie Jesus flüsternd und schreibend von dem, was sie bewegte, was ihr Angst machte, worüber sie sich freute. Hier spürte sie die Liebe ihres himmlischen Vaters, der sich zu ihr auf die Badematte setzte. Hier betete sie für ihren Berufsalltag und für die Menschen, die sie liebte. An diesem heiligen Ort begegnete ihr Gott.
In ihrer kleinen Studentenwohnung gab es um diese Uhrzeit keinen anderen Ort, an den sie hätte gehen können, wenn sie Frühschicht hatte. So war dies ihr Platz geworden. Ihr Rückzugsort. Ihr Heiligtum.
Als ich mich rund 14 Jahre später frühmorgens in einem anderen Badezimmer auf einen Vorleger sinken lasse, muss ich an Gabi denken. Sie hat damals in unserem gemeinsamen Hauskreis von ihrem heiligen Ort erzählt und ich habe das in all den Jahren nie vergessen. Ihre Hingabe und Selbstdisziplin haben mir imponiert und mich berührt. Warum nicht im Bad beten, wenn kein anderer Ort zur Verfügung steht? Gottes Nähe ist nicht an einen sakralen Raum gebunden – im Gegenteil, durch seine Gegenwart wird jeder Ort zum Heiligtum.
Während mein Mann und mein Sohn noch schlafen, genieße ich meine persönliche Zeit der Stille mit Gott im Badezimmer unseres Ferienappartements. Ich bin so dankbar, dass Gabi mir damals vor Augen gemalt hat, wie einfach das ist.
Esther Middeler
4 Antworten
Das ist sehr sehr berührend!
Sehr berührend, ja.
Es erinnert mich an ein besonderes Erlebnis. Es ist Jahre her ... aus tiefstem Herzen sprach eine Freundin, eine Beobachtung aus : Jutta, Du hast ein großes Haus , aber kein Raum für dich. !!!
Im überfüllten Schuppen setzten wir uns, auf irgendwelche Gegenstände. Und dann, betete sie für mich. Schon alleine diese liebevolle Geste, tat mir so gut.
Heute morgen nun, beim erf Pop hören und lesen des Montagsgedanken....staune ich :
Wie Gott meine "Räume " verändert hat.
Meine Umstände.
Und vorallem, mich.
Gott, hat meine Füße auf weiten Raum gestellt.
Für mich war viele Jahre das WC in unserem Haus, Morgens um fünf Uhr mein Stiller Raum. Es war der einzige Ort, wo ich in Ruhe leise mit meinem Vater im Himmel sprechen konnte und singen.
So konnte ich Kraft schöpfen und Tanken, bevor meine Familie und Arbeiter unser Haus füllten.
Für mich damals eine sehr Wertvolle Zeit.
Gabi
heisst auch meine Freundin. Ihre spontane Idee, nach unserem gem. Gebet war, zwei kleine Klappstühle zu kaufen und sie in die Küche zu stellen. Das habe ich gemacht.
Unsere Wege haben sich mittlerweile getrennt. Auch die Klappstühle stehen an einem anderen Platz. Ungenutzt. Und doch jederzeit griffbereit.