Montag, 03.06.2024

Alles gut bei Euch?

Vorsichtig setze ich einen Fuß vor den anderen auf dem glitschigen Fußboden. Wir befinden uns im Hallenbad. Aufgrund der körperlichen Einschränkung meiner Tochter sind langsame Bewegungen eine wichtige Voraussetzung, um unfallfrei beim Wasserbecken anzukommen.

„Alles gut bei euch?“, ruft mir eine laute, bekannte Stimme zu. Ich blicke in das fröhliche Gesicht der Frau und rufe ihr von meiner Seite her einen kurzen Gruß zu.

„Alles gut bei euch?“ Diese Frage irritiert mich. Wann ist denn „alles gut bei uns“? Ist irgendwann mal alles gut bei uns?

Szenenwechsel – zwei Jahre später

Erschöpft sitze ich am Küchentisch. Der Puls hämmert schmerzhaft in meinem vollen und zugleich leeren Kopf. Heute war ich bei der Beerdigung meiner Mutter. Ihr jäher Tod hat uns alle zutiefst erschüttert und unser Fundament einer harten Prüfung unterzogen.

Mein Handy kündigt eine neue E-Mail an. Müde blicke ich auf den Bildschirm. Dort entziffere ich durch meinen Tränen verschleierten, verschwommenen Blick die Sätze einer Verwandten, die an der Trauerfeier dabei war.

„Ich hoffe, es ist alles gut bei euch?“, so ihre Frage. Sie wollte mir nur kurz mitteilen, dass sie gut zu Hause angekommen ist. Ihre Worte wecken heftigen Zorn in mir und machen mich zugleich zutiefst traurig. Was sollte denn „gut“ sein heute? Und was soll dieses Wort „alles“? Es wird nie wieder „alles“ gut sein bei uns!

Einige Monate später trifft mich erneut eine Nachricht mit genau dieser Frage. Eine Bekannte stellt sie mir per Whats app. „Hallo Jrene, alles gut bei euch?“ Mir reichts.

Umgehend tippe ich meine Antwort: „Hallo..., nein, es ist nicht alles gut bei uns. Aber es gibt auch viel Gutes in allem!“

Neue Hoffnung

Traurig blicke ich aus dem Fenster. Plötzlich beginnen die Worte aus Offenbarung 21,1-4 wie eine zarte, hoffnungsvolle und tröstende Melodie in meinem Herzen zu klingen.
„Er wird in ihrer Mitte wohnen und sie werden sein Volk sein; und er, Gott, wird bei ihnen sein. Er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen: Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, kein Geschrei, kein Schmerz wird mehr sein. Denn das Alte ist vergangen. Und Er, der auf dem Thron saß, sprach: Seht, ich mache alles neu!“

Irgendwann, in ferner Zukunft, hinter dem Horizont meines diesseitigen Lebens, dort in jener ewigen Heimat werde ich voller Freude und Überzeugung ausrufen können: „Ja, es ist alles gut bei uns!“

Denn dort, in der Gegenwart meines Herrn wird alles gut sein!

"Danke" an die Autorin

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10 Antworten

  1. Herzlichen Dank für diese ehrlichen und ermutigenden Worte, die mich gerade zutiefst berühren. Nein, hier auf Erden kann nicht alles gut sein! Bei uns nicht und auch bei meinen Nächsten und Fernen nicht. Aber bei Gott wird einmal alles gut sein. Weil Jesus am Kreuz aausrief: "Es ist vollbracht!"

  2. Vielen herzlichen Dank liebe Frau Bircher, Sie sprechen mir aus der Seele. Ich wünsche Ihnen alles Gute, viel Kraft und Gottes Segen. Seien Sie behütet.
    Christiane Lory

  3. Herzlichen Dank für diese aufbauenden und tröstenden Worte.Sie haben mich berührt. Viel Kraft für die herausfordernden Momente und immer neue Zuversicht!

  4. Ja bzw Nein ist nicht immer alles gut. Ich gehe seit Jahren mit körperlichen Schwierigkeiten durchs Leben und werde auch immer wieder gefragt: Geht es Dir gut? Ja, mit Medikamenten und Physio geht es mir eigentlich gut, ich komme zurecht, aber das ist ja nicht alles.
    Letzthin habe ich meinen Arzt gefragt, wann dies endlich alles aufhört. "Wenn Du durchs Himmelstor gehst, dann ist alles gut".

  5. Hätte mir jemand diese Frage vor einem halben Jahr, während Chemo, Corona und Lungenentzündung, Bestrahlung, persönliche Belastungen... gestellt, hätte ich diese Frage als provokant empfunden. Ich wünsche mir mehr Feinfühligkeit.
    Auch bzw. gerade als Christ Stelle ich mich der Realität und anstatt eine Frage zu stellen, wünsche ich einem Menschen von Herzen alles Gute.
    In der Stille bitte ich dann Gott um seinen Segen für diesen Menschen.
    Das empfinde ich als authentisch.

  6. Vielen Dank für diesen tröstenden Text, liebe Frau Bircher. So oft wird von uns Christen erwartet, dass alles gut zu sein hat und so oft ist überhaupt nichts mehr gut . Dieser Zustand, dass alles wirklich gut ist, werden wir erst in der Ewigkeit erleben, bis dahin trösten wir uns mit der Zusage Jesu, dass er bei uns ist, gerade dann, wenn gar nichts mehr gut ist.
    Gottes Segen für Sie und nochmals Danke !

  7. Leider ist mein ehrlicher Beitrag zu diesem Thema nicht veröffentlicht worden.
    Da stelle ich mir die Frage, ob hier ein wirkliches Interesse an Kommentaren vorliegt und ein jeder die gleiche Chance dazu hat.

    1. Liebe Frau Kaussmann, da irren Sie sich. Wenn ein Kommentar nachmittags nach 16 Uhr kommt, wird er üblicherweise erst am nächsten Tag frei gegeben, da wir nicht rund um die Uhr arbeiten. Aber nun habe ich mich eben nochmal eingeloggt und ihn frei gegeben. Mit freundlichem Gruß aus der Lydia-Redaktion, Ellen Nieswiodek-Martin

  8. Vielen herzlichen Dank für den wertvollen Beitrag!
    In meiner ausserordentlichen Lebenssituation, in der mein Sohn ein schwerstes Schädelhirntrauma erlitt und noch einen sehr langen Rehabilitationsweg mit offenem Ausgang vor sich hat, vertrage ich oft die Frage "wie geht es Dir?" gar nicht. Sie lässt sich nämlich so schwer beantworten.
    Mit dem Verstand antworte ich manchmal :" Es ist ein Riesensturm in meinem/unserem Leben, ich weiss, dass Jesus mit uns im Boot ist und wir nicht untergehen werden." Denn an dieser Zusage versuche ich mich festzuhalten.
    Oft antworte ich gar nicht ... Mein Gegenüber kann dies hoffentlich aushalten.
    Herzlichst Manuela

  9. Liebe Frau Nieswiodek-Martin,

    ich möchte mich bei Ihnen für meine vorschnelle Reaktion entschuldigen.
    In Ruhe habe ich mir die Beiträge zum Thema "Alles gut?" durchgelesen.
    Ich habe Probleme damit, auf so eine Frage, oft im Vorübergehen gestellt, spontan und aufrichtig zu antworten.
    Bei welchem Menschen ist denn alles gut?
    Wir leben im Hier und Jetzt in der Gewissheit, dass Gott alle Tränen abwischen wird. Diese Hoffnung trägt durch - wenn einst alles gut sein wird.

    Herzlichst
    Ihre Kerstin K.

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