Montag, 28.10.2024

Perspektivwechsel

Es ist Herbst. Die Blätter verfärben sich, die Tage werden kürzer und auch bei uns zu Hause spüre ich bereits die Auswirkungen der dunklen Jahreszeit. Wo wir im Sommer viel Zeit draußen an der frischen Luft verbracht haben, sind wir nun wieder mehr im Haus, und ich merke durch den engeren Lebensraum wesentlich deutlicher, wie viel Energie mein Jüngster an den Tag legt. Kurz gesagt: Ich bin genervt.

Ständig grapschen seine kleinen Hände nach irgendetwas. Da wird der Ball immer wieder an die Wand geworfen, die Mineralwasserflasche über Kopf geflippt, um geschickt wieder auf ihrem Boden zu landen, die Zeitung zerknüllt und ein Metalldeckel mit knackendem Geräusch immer wieder hin- und hergebogen. Dieses Geräusch gibt mir den Rest, und ich ermahne meinen Sohn eindringlich, dass störende Geräusch sofort einzustellen. Als ich nach einer halben Stunde meine Tochter antreffe, die ebenfalls ihren Bruder ausschimpft, weil sie von dem Lärm, den er schon wieder mit dem Deckel macht, genauso genervt ist wie ich, denke ich: Können diese kleinen Hände, denn niemals stillhalten?

Nach einem langen Tag setze ich mich erschöpft auf das Sofa und strecke mich ein wenig. Sofort kommt mein Sohn aufmerksam zu mir gelaufen und fragt einfühlsam: „Mama, geht es dir gut? Hast du Rückenschmerzen?“

„Ja, ein bisschen“, antworte ich und lehne mich verkrampft zurück.

„Komm, Mama, leg dich hin. Ich massiere deinen Rücken“, sagt mein Sohn. Er legt seine Hände auf meine Muskeln, wartet kurz und sagt: „Mama, du bist hart wie ein Stein. Ich mache jetzt Knete aus dir.“ Und dann fangen seine kleinen Hände an zu streicheln, zu ruckeln und zu drücken. Jede Stelle bearbeitet er, bis er zufrieden feststellt: „Weichgeknetet!“ Immer wieder hält er kurz inne, und ich denke, nun hat er bestimmt keine Lust mehr. Aber er macht immer weiter. Emsig und ausdauernd bearbeiten seine Hände meinen Rücken mehr als eine halbe Stunde lang. Irgendwann muss ich leider ein Ende setzen, weil ich meinen Sohn dringend ins Bett bringen muss.

Es war einfach zu schön, die kleinen Hände zu spüren, die zum Glück nicht stillgehalten, sondern mich butterweich durchgeknetet haben. Mein Blickwinkel wurde verändert. Das, was mir erst lästig erschien, kam mir im Endeffekt zugute. Die Aktivität in gute Bahnen gelenkt, wurde zum Dienst aneinander eingesetzt zu etwas Wertvollem, Schönen, Wohltuenden. Und ich nahm mir vor, meinem Sohn das nächste Mal, wenn er wieder Hummeln im Hintern haben würde, ebenfalls hilfreicher zu begegnen, als ich es am Morgen getan hatte, und mich mit ihm zu beschäftigen, anstatt zu schimpfen.

Vor allem aber lasst nicht nach, einander zu lieben. Denn die Liebe sieht über Fehler hinweg. Jeder soll dem anderen mit der Begabung dienen, die ihm Gott gegeben hat.
1. Petrus 8-9     

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5 Antworten

  1. Liebe Katrin Schmidt, ich gratuliere Ihnen zu der guten Erziehung Ihrer Kinder. Ihr Sohn hat es gemerkt und darauf reagiert als es Ihnen nicht gut ging. Und er hat sogar eine Lösung gefunden! Alles richtig gemacht! Und daß Kinder öfters mal nerven ist doch normal, genauso wie die mütterliche Reaktion darauf.

  2. Liebe Frau Schmidt, es kommt mir so vor, als ob ihr kleiner Sohn "sehende Hände" hat! Er hat genau gespürt, was Sie brauchen und ich staune über diese Ausdauer, wow!
    Unsere jüngste Tochter hat auch oft das Bedürfnis mit ihren Händen etwas zu machen, deshalb bäckt sie oft Kuchen oder Brot und liebt es, den Teig zu kneten. Weil die Gefriertruhe neulich deshalb restlos voll war, habe ich ein "Backverbot" ausgesprochen. Sie wurde fast ein wenig ruhelos in den folgenden Tagen. Da kam ich auf die Idee, einfach in der Nachbarschaft etwas zu verschenken. So konnte sie wieder backen und die Nachbarn haben sich gefreut. Vielleicht ist so etwas auch ein Freude bringendes "Ventil" für ihren Sohn?!
    Danke für Ihren Beitrag, er zeigt sooo viel Liebe!

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