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Wir Frauen sind Beziehungswesen. Wir sehnen uns nach tiefen, bedeutungsvollen Freundschaften: Freundinnen, mit denen wir Freud und Leid teilen können, denen wir etwas bedeuten und die in allen Zeiten zu uns stehen.

Frauen leben in der Regel gerne in der Bindung an ein Gegenüber, während Männer sich eher über das Getrenntsein von anderen definieren. Zwei Drittel der Männer geben heutzutage an, keinen besten Freund zu haben. Wir Frauen dagegen sehnen uns viel stärker nach enger Vertrautheit in freundschaftlichen Beziehungen und können auch in einem engeren Beziehungsnetz leben als Männer.

Ursachen für Einsamkeit

Doch es gibt einige Gründe, die es uns schwer machen, Freundinnen zu finden und Freundschaft zu leben. Zum einen sehe ich die Entwicklung, dass unser hoher Wert des Individualismus dazu geführt hat, dass wir einander anscheinend nicht mehr brauchen: Bevor wir einen Bohrer vom Nachbarn ausleihen, kaufen wir uns lieber selbst einen. Wir nehmen nicht gerne Hilfe in Anspruch. Damit zeigen wir uns auch nicht so leicht verletzlich.
Zum anderen leben viele in der Angst, dass sie in engeren Beziehungen Verpflichtungen eingehen, die sie nicht erfüllen können oder möchten. Die allgemeine Arbeitsüberlastung führt oft genug dazu, dass man gar keine Kraft und Lust mehr hat, Menschen einzuladen, sein Haus für andere zu öffnen und jemandem sein Ohr zu schenken. Um Freunde zu finden, müssen wir jedoch unser Leben öffnen und bereit sein, Zeit zu investieren, ansonsten wird es schwer sein, tiefe Freundschaften wachsen zu lassen.
Ich habe in meinem Leben die Erfahrung gemacht, dass ich bereit bin, auch größere Opfer zu bringen, wenn ich erst einmal den Segen einer Freundschaft kennengelernt habe. Denn Freundschaft ist ein köstliches Geschenk. Sie tut mir gut und bereichert mein Leben. Freunde geben einander das Gefühl der Zugehörigkeit und können ein Stück Heimat füreinander werden.

Seiten der Freundschaft

Durch meine Freundschaften mit verschiedenen Frauen habe ich viel gelernt. Ich habe mich darin üben können, mich wirklich vor einem Menschen zu öffnen und mich verletzlich zu zeigen in dem Wissen, dass dies nicht ausgenutzt wird. Dabei ist mir einiges wichtig geworden:
Sich öffnen. „Ein Freund ist ein Mensch, vor dem man laut denken kann“, hat der Dichter Ralph Waldo Emerson einmal gesagt. Freunde müssen voreinander laut denken können, ohne dass dies missbraucht wird.
Kompromisse eingehen. Ich habe durch eine wesentlich jüngere Freundin, die ganz anders ist als ich, gelernt, Kompromisse einzugehen, etwa in Fragen der Freizeitgestaltung, weil wir durch den Altersunterschied sehr verschiedene Interessen hatten. Diese Unterschiedlichkeit war aber eine echte Bereicherung und Ergänzung.
Unterschiede respektieren. Wichtig ist, dass Freundinnen einander „so stehen lassen“ und nicht versuchen, die andere in ihr eigenes Wunschbild umzuformen. Freunde müssen immer ihre Originalität behalten dürfen und sollten sich nicht um des anderen willen in falscher Weise aufgeben oder anpassen. Die Gemeinsamkeiten führen uns dann zusammen, und die Unterschiede führen uns weiter.
Gleichgewicht wahren. Allerdings braucht Freundschaft auch ein bestimmtes Maß an Gleichheit oder Gemeinsamkeit, damit kein zu starkes Gefälle in der Beziehung besteht und der eine immer nur der Starke, der Helfer und Geber ist, und der andere immer nur der Schwache bleibt. Das geht auf die Dauer nicht gut.
Vergeben. Eine gute Freundin zu haben ist auch eine gute Vorbereitung auf die Ehe. Falls Sie schon verheiratet sind, kann Freundschaft Ihre Ehe gut ergänzen. Denn in Freundschaften können wir sehr gut üben, ehrlich miteinander umzugehen und uns zu verzeihen, wenn wir uns verletzt oder gestritten haben. Konflikte gehören zum Menschsein dazu. Deshalb ist es so wichtig, einander vergeben zu können. In Sprüche 17,9 erinnert uns König Salomo: „Wer Freundschaft halten will, verzeiht Unrecht – wer immer nur davon spricht, verliert den Freund.“
Wachsen. Echte Freunde dürfen mir die Wahrheit sagen und auch unbequeme Fakten auf den Tisch legen. Eine gute Freundschaft hält dies aus, und man geht versöhnlich miteinander um. Wenn ich weiß, dass der andere es gut mit mir meint, kann ich Kritik auch leichter von ihm annehmen.

Gefährliche Freundin?

Kann eine enge Frauenfreundschaft eine Gefährdung für die Ehe sein, wenn wir zu viel Zeit mit der Freundin verbringen und den Partner vernachlässigen?
Ich selbst habe erlebt, dass meine Freundin mich immer wieder ermutigt hat in meiner Beziehung zu meinem Mann. Wenn wir manchmal die Zeit bei unseren Treffen vergessen hatten, hat sie mich erinnert und bestärkt, doch darauf zu achten, dass ich genug Zeit mit meinem Mann habe. Sie hat mich ermutigt, dass die Priorität in meinem Leben mein Mann ist – und genauso soll es sein. Wenn Sie eine Freundin suchen, sollten Sie darauf achten, dass sie das Anliegen hat, Ihre Ehe zu stärken, und nicht andersherum.
Freundschaften können auch „kippen“ und in eine ungesunde emotionale Abhängigkeit führen. Folgende Kriterien sprechen dafür, dass eine solche Entwicklung schon stattgefunden hat:
Wenn andere Menschen keinen Raum mehr in dieser Beziehung bekommen.
Wenn ein Wunsch nach Ausschließlichkeit da ist.
Wenn man den realistischen Blick für die Schwächen des anderen verloren hat.
Wenn zeitweilige Distanz oder Rückzug der Freundin nicht verkraftet wird.
Wenn eine Intimität oder Vertrautheit mit dem Gegenüber demonstriert wird, durch die andere sich unwohl in ihrer Gegenwart fühlen.
Wenn man sich in Gesprächen nur noch auf die Freundin bezieht und sich „frei“ fühlt, immer in ihrem Namen zu sprechen.
Falls solche Kriterien vorhanden sind, sollte man offen darüber reden, nach den Gründen suchen und neue Grenzen ziehen.

Freundschaft pflegen

Beziehungen müssen gepflegt werden. Jeder muss bereit sein zu investieren, auch einmal Opfer zu bringen und immer wieder auf den anderen zuzugehen. Regelmäßige Signale, dass man an den anderen denkt, etwa durch Anrufe, Einladungen oder E-Mails, sind wichtig, um in Kontakt zu bleiben und den anderen am Leben teilhaben zu lassen.
Zur Pflege der Freundschaft gehört auch, dass man sich beschenkt und einander Gutes tut. Großzügigkeit und Freigebigkeit gehört zum Wesen der Freundschaft, und aufmerksames Schenken ist ein „Akt des Freundens“. Dies muss nicht teuer sein. Oft sind es die kleinen Dinge und Aufmerksamkeiten oder etwas Selbstgemachtes, zum Beispiel ein mitgebrachter Kuchen, die das Herz anrühren und deutlich machen, dass der andere mir wichtig ist. Auch praktische Hilfe kann ein solches Geschenk sein.

Krisen überstehen

Ich bin Realist. Ich weiß, dass das Leben auch schmerzhafte Überraschungen für uns bereithält: Freunde können wegziehen und andere Freundschaften knüpfen – und ich bleibe erst einmal übrig.
Manche Freunde kommen in derart starke Krisen, dass es einen Bruch gibt zwischen den beiden – aus welchen Gründen auch immer. Freundschaft kann manchmal auch nur in einer Lebensphase zu einer bestimmten Zeit funktionieren – und irgendwann geht man wieder auseinander. Das ist möglich und auch okay.
Ich weiß, dass ich mich in meinem Leben nicht einzig und allein auf eine Freundin oder auf andere Menschen verlassen kann. Ich brauche eine andere Beziehung, die unerschütterlich ist. Ich habe vor vielen Jahren durch das Lesen eines Buches verstanden, dass Jesus Christus mir ein echter Freund im Leben sein will, und ich habe mich im Glauben auf dieses Angebot der persönlichen Beziehung zu ihm eingelassen, sozusagen Freundschaft mit ihm geschlossen. Seitdem weiß ich, dass es jemanden gibt, der treu zu mir hält, der immer ansprechbar ist, der den Himmel für mich verlassen hat und der sogar sein Leben für mich in den Tod gegeben hat, um mich zu retten. Diese Freundschaft möchte ich nie mehr missen. Sie gibt mir ein Fundament im Leben, mich zu öffnen und auf andere zuzugehen. Ich muss nicht einsam sein.

Birgit Fingerhut ist Autorin und Rednerin bei Frühstückstreffen für Frauen. Sie ist verheiratet und Mutter von zwei erwachsenen Kindern. Dieser Artikel erschien in LYDIA 5/2008.

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2 Antworten

  1. „Was für ein wunderbarer Artikel!
    Mir ging es selbst auch schon so, dass ich sehr viel in eine Freundschaft investiert hatte und dann leider sehr enttäuscht wurde. Das ist wahrscheinlich die große Schwierigkeit: sich trotzdem anderen gegenüber zu öffnen, zu vergeben, neue Freundschaften zuzulassen ...
    Ich wünsche mir sehr, dass ich das wieder kann. Frau Fingerhut, Ihr Artikel macht mir dabei Mut.”

  2. „Danke, Frau Fingerhut, für diesen Artikel. Das ist eine Ermutigung für mich, dass ich für eine gute Freundschaft auch bereit bin zu geben, nicht nur Geschenke, sondern auch ein offenes Haus, meine Zeit und die Bereitschaft, auch andere Freundinnen in das Leben meiner Freundin hineinzulassen. Ihr Artikel ist mir zum Teil eine Bestätigung, zum Teil aber auch eine neue Herausforderung. Mir gefällt diese Seite sehr. Macht weiter so. Danke und Gottes Segen.”

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