Sehnsucht nach Leben

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Ich ging durch den Wald, leer, sehnsüchtig, hoffnungslos. „Gott, ich will nicht mehr leben“, dachte ich. „Ich will einfach bei dir sein.“ Wie konnte es sein, dass ich – die ich doch Christin war –, so dachte, so fühlte? War das das Leben, das Jesus versprochen hatte? Mir ging es doch äußerlich gut. Ich hatte Arbeit, eine hübsche Wohnung, eine Gemeinde, Freunde. Und doch erschien mir alles leer und sinnlos.

Aufgewachsen bin ich in einer liebevollen christlichen Familie. Ich erlebte Geborgenheit und verstand schon früh, dass ich Gott brauchte. Meine Eltern erzählten mir von ihm und nahmen mich mit in die Gemeinde. Mit acht Jahren sagte ich zu Gott, dass er von nun an mein Herr sein sollte und ich ihm folgen wollte. 

Nach der Ausbildung zog ich aus meinem kleinen behüteten Heimatstädtchen in eine mir fremde Stadt. Zur Arbeit ging ich pünktlich und gewissenhaft und bemühte mich, der Tatsache gerecht zu werden, dass ich aus zweihundert Bewerbern ausgewählt worden war.

Ich suchte mir eine neue christliche Gemeinde. Sie war viel größer als die in meiner Heimat. Meine Eltern und Geschwister waren mein Vorbild: ihr Engagement und ihre Mitarbeit. So wollte auch ich gerne mitarbeiten und „wer sein“. Ich arbeitete im Kinderprogramm mit, sang im Chor und war auch sonst aktiv – und krank. Ich war magersüchtig.

Als von mir nicht mehr viel da war, ging ich in eine Klinik. Es ging einfach nicht mehr, und dass ich alleine nicht aus der Sucht herauskommen würde, war mir inzwischen klar. In der Klink konnte ich endlich einmal ganz anders sein. Ich hatte viel Ruhe. Aller Anspruch wurde von mir ferngehalten. Wieder im Alltag, hatte ich in einer speziellen Tagesklinik noch mal die Möglichkeit zu lernen. Ich versuchte, die Empfehlungen zu beherzigen. Doch es war so schwer. Ich konnte es nicht. Schließlich gab ich auf und sagte zu Jesus: „Ich kann nicht. Ich gebe auf. Mach du!“ Da nahm er mich tatsächlich an die Hand.

Zunächst versuchte ich, einfach in meinem Alltag halbwegs zurechtzukommen, mein Leben zu führen. Ich hatte eine große Sehnsucht nach Leben, nach Gott im Herzen. Doch er schien so weit weg zu sein.
Fragen, Sehnsucht, Suchen – zwei Jahre lang.

Dann machte ich im Sommer bei einem Missionseinsatz in der Mongolei mit. Dort gingen wir von Tür zu Tür, klopften und erzählten von Jesus. Welch ein Unterschied zu meinem bisherigen Leben: hier einfach von Gott weiterzuerzählen, Licht sein zu dürfen, Gottes Botschaft anzubieten. Es war großartig – Gott gebrauchte mich!

Dieses Erlebnis war ein Wendepunkt für mich. Ich verstand: Gott hat sich meiner erbarmt, mich angenommen und mich hochgehoben. Mich, die ich meinte, schon alles zu wissen. Mich, die so toll und besonders sein wollte. Mich, die ich gläubig und getauft so in die Irre gelaufen war. Er hat mich gnädig geführt.

Mein Suchen ist nun gestillt in ihm. Für mich ist es unbeschreiblich, wie Gott meine Sehnsucht nach Leben, nach ihm gesehen, geführt und gestillt hat. Wenn Gott das für mich getan hat, kann er das auch für jeden von uns tun.

Ines

Veröffentlicht am 16. Juni 2021

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