Sobald die ersten nasskalten Tage kommen und ich überlege, ob ich eine Jacke mitnehme, wenn ich nach draußen gehe, biege ich langsam, aber sicher in die Herbst-Winter-Blues-Einbahnstraße ein. Ohne erkennbaren Grund ist das Leben plötzlich schwerer, die Nöte der anderen drückender, meine Aufgaben belastender und meine Probleme unüberwindbarer. Mein Körper ist müde, meine Kräfte unauffindbar. Und Jesus rückt aus meinem Blickfeld.
Jedes Jahr falle ich im Herbst in dieses ungeliebte schwarze Loch, in dem mich alles zu überrollen droht, ich mich ausgelaugt fühle und die Kontrolle über mich zu verlieren drohe. Ich kann nur sehnlichst warten, bis mit Beginn des Frühjahrs meine Leichtigkeit, meine Energie und meine Lebenslust zurückkehren. Jedes Mal möchte ich wieder zumindest einen Schritt in die richtige Richtung tun, um irgendwann diese ungeliebte Jahreszeit ohne Zusammenbruch zu überstehen. Vier Schritte sind mir im Laufe der Jahre wichtig geworden.
Annehmen. Einer der ersten Schritte ist für mich, anzunehmen, dass mein Körper auf die Umstellung der Natur auf diese Weise reagiert. Gott hat mich so geschaffen und ich werde auch diese Zeiten dankbar aus seiner Hand nehmen. Ich möchte meine Gefühle annehmen. Es ist in Ordnung, wenn ich niedergeschlagen bin – ich darf weinen und mich beschwert fühlen. Solche Zeiten haben ihre Berechtigung im Leben und gehören dazu. Ich darf das alles mit Jesus besprechen.
Vertrauen. Ich möchte mehr darauf vertrauen, dass Gott meine Schwäche benutzen möchte und mir auch in den dunklen Monaten nicht mehr auferlegt, als ich tragen kann.
Achtsam sein. Ich möchte in der dunklen Jahreszeit besonders auf meinen Körper achten. Ich will ihm bewusst mehr Schlaf zugestehen, Sport machen, mich gesund ernähren und mein Immunsystem stärken.
Ruhen. Ruhezeiten, in denen ich lese, nachdenke und mit Gott darüber rede, wie es mir geht, welche Aufgaben er für mich hat und was mir zu schaffen macht, helfen mir sehr. Mit ihm gemeinsam möchte ich meine Woche planen, um mich nicht zu übernehmen. Mein Herz darf Rast machen im Schoß des Vaters und meine Seele dort weilen, wo sie hingehört. Ich will ihn meine Sonne sein lassen und ihn bewusst einladen, seinen Einfluss auf mich auszuüben.
Ich denke, dass in diesen Schritten ein großes Potenzial für mich liegt. Wahrscheinlich werde ich nie zu den Menschen gehören, die im Winter aufblühen, aber ich kann mich an Jesus halten, weil er verspricht, da zu sein – unabhängig davon, ob ich gerade Sommer oder Winter erlebe.
Ruth Geisler
Dieser Artikel erschien in LYDIA 3/2021.