Himmlische Sehnsucht

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Die Erde macht uns nicht satt. Auch das Beste, was sie zu bieten hat, kann unsere Sehnsucht nicht stillen. Denn wir sind für den Himmel geschaffen – unser Zuhause bei Gott.

Wie lassen sich Himmel und Erde vergleichen? Autor Randy Alcorn schreibt dazu: „Ich beobachte gern Meeresfische im Aquarium, habe dabei aber jedes Mal das Gefühl, dass etwas nicht in Ordnung ist. Das ist nicht ihr Zuhause. Die Fische wurden nicht für diesen kleinen Glaskasten geschaffen, sondern für den großen Ozean. Ich nehme an, die Fische wissen es nicht besser, doch ich frage mich, ob ihr Instinkt ihnen sagt, dass ihre wahre Heimat woanders ist. Ich weiß, dass unser Instinkt uns sagt, dass diese gefallene Welt nicht unser Zuhause ist – dass wir für einen größeren und besseren Ort geschaffen wurden.“
Dieser größere und bessere Ort ist der neue Himmel und die neue Erde. Das ewige Zuhause, das Jesus Christus für die vorbereitet, die an ihn glauben (Johannes 14,2).

Hungrig nach dem Himmel

Leider hat ein Großteil der Menschen in der westlichen Welt dieses Zuhause vergessen. Es ist, als hätten sie den „Instinkt“ dafür verloren. Im Laufe der Jahrhunderte war es, als würde in den Augen vieler das Bild des Himmels verblassen. Nur ein paar matte Farben blieben übrig. Und manch einer fing an, mit gemischten Gefühlen an den Himmel zu denken, weil er ihn schlichtweg für öde hielt. Denn in vielen Köpfen hat sich die Vorstellung eingenistet, dass wir im Himmel wie blutleere Wesen sind, für die es nichts anderes gibt, als in einen endlosen Choral einzustimmen.
Langeweile im Himmel? Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein! Es stimmt, Lobpreis durchdringt den Himmel ständig. Doch dieser Lobpreis vibriert vor Lebendigkeit und Begeisterung. Dort sind wir im Frieden mit Gott und mit uns selbst. Aus dieser Ruhe heraus können wir endlich so leben, wie es uns auf der Erde nie wirklich gelungen ist. Wir werden Beziehungen gestalten, in denen jeder Einzelne aufblüht, werden Aufgaben angehen, die perfekt auf uns abgestimmt sind (vgl. Offenbarung 22,5), und – vor allem und bei allem – in der Anbetung Gottes unser größtes Glück finden.

Ewigkeit in den Herzen

In Prediger 3,11 heißt es von Gott: „Er hat alles schön gemacht zu seiner Zeit, auch hat er die Ewigkeit in ihr Herz gelegt“, nämlich in das Herz der Menschen. Im Herzen jedes Menschen gibt es ein Ahnen, dass diese Welt nicht alles sein kann, dass es noch etwas Besseres geben muss. Und ein inneres Aufbegehren dagegen, dass mit dem Tod alles aus sein soll. Ewigkeit in den Herzen der Menschen – das heißt natürlich nicht, dass die Menschen schon erlöst sind und Frieden mit Gott haben. Nein, sie brauchen Vergebung der Sünden und neues Leben durch Jesus Christus. Sonst bleibt ihnen der Himmel verwehrt. Ein unerlöstes Herz ist verdorben, aber dennoch tragen wir Menschen eine Sehnsucht in uns, die beständig in Richtung ewiges Leben weist. Diese Sehnsucht soll uns dazu bringen, uns auf die Suche zu machen. Wer aufrichtig sucht, wird Jesus Christus und damit das ewige Leben finden.
Doch wie äußert sich die Sehnsucht nach dem Himmel? Mir scheint, dass sie oft verborgen ist und nicht gleich ins Auge fällt.

Verschleierte Sehnsucht

Es ist, als hätte sich die Sehnsucht nach dem Himmel in unserem Leben verschleiert. Wir beachten sie nicht weiter, weil sie ein Kleid trägt, das sehr alltäglich aussieht. Sie schlägt sich nämlich nieder in Träumen und Wünschen, die zunächst sehr menschlich scheinen: Vielleicht sehnen wir uns nach Schönheit, nach harmonischen und gleichzeitig inspirierenden Beziehungen, nach Frieden und nach Gerechtigkeit, nach aufregend schönen Erlebnissen. Oder wir versuchen mit zupackendem Eifer, die aus den Fugen geratene Welt wieder ein bisschen ins Gleichgewicht zu rücken, und begehren auf gegen Ungerechtigkeit, Misshandlung, Armut und Not. Warum? Weil wir uns nicht zufriedengeben können mit einer Welt, in der Entzweiung und Zerstörung herrscht. Weil uns die Ewigkeit so im Herzen liegt, dass wir am liebsten auf der Erde den Himmel schaffen würden. Und tatsächlich haben wir den Auftrag, das Reich Gottes auszubreiten, und das heißt: in die Wirrnisse der Welt schon jetzt ein Stück des Himmels zu tragen.
Doch nur Jesus Christus kann uns den neuen Himmel und die neue Erde in vollkommener Weise bringen. Er wird das tun am Ende der Zeit. Bis dahin bleibt die Sehnsucht. Sie kann übrigens auch eine falsche Richtung einschlagen und Irrwege gehen, kann verzerrt und fehlgeleitet sein. Zum Beispiel, wenn wir bestrebt sind, auf dieser Erde unsere eigene kleine heile Welt zu schaffen, und alles ausblenden, was dabei stören würde. Oder wenn wir in den Verlockungen dieser Welt Erfüllung suchen. Dann stehen am Ende die Ersatzbefriedigungen, die Selbstbezogenheit, die Sucht.
Doch immer wieder kann uns irgendetwas in dieser Welt so anrühren, dass es die Sehnsucht nach der Ewigkeit zum Klingen bringt: ein Lied, ein Buch oder ein Gemälde, das uns die Tür zu neuen, beflügelnden Erkenntnissen öffnet. Eine Begegnung, die etwas in uns verändert.
C. S. Lewis hat es auf den Punkt gebracht, als er sagte: „Wenn in uns ein Verlangen lebt, das durch nichts auf der Welt gestillt werden kann, so geht doch wohl daraus hervor, dass der Mensch für eine jenseitige Welt erschaffen ist.“

Geschaffen für die Auferstehung

Unser Leben erschöpft sich nicht in dem, was auf der Erde ist. Wir sind für mehr geschaffen. Wir brauchen die Auferstehung. Wir brauchen sie so sehr, dass Paulus sagen kann: „Wenn die Hoffnung, die Christus uns gegeben hat, nicht über das Leben in der jetzigen Welt hinausreicht, sind wir bedauernswerter als alle anderen Menschen“ (1. Korinther 15,19). Wir wären bedauernswerter, weil wir Betrogene wären. Weil unsere Sehnsucht ins Leere gelaufen wäre. Vor allem aber deshalb, weil unsere tiefste Not nicht gelöst wäre – die Trennung von Gott.
Die Auferstehung liegt uns sozusagen in den Genen. Doch eins darf nicht verschwiegen werden: Es gibt nicht nur eine Auferstehung in den Himmel. Es gibt auch eine Auferstehung zum Gericht. Alle, die die Erlösung durch Jesus Christus nicht angenommen haben, werden in der Trennung von Gott bleiben. Sie werden in die Gottesferne gehen, in die Hölle.
Wäre Christus nicht auferstanden, hätten wir keinen Erlöser. Nun aber, so sagt Paulus weiter, ist Christus auferstanden (Vers 20). Nun ist geschehen, worauf unsere Sehnsucht zielt und was unsere größte Not braucht. Christus ist der Erste, der auferstanden ist. Und wer an ihn glaubt, den nimmt er mit in das ewige Leben. Der Weg in den Himmel ist frei.
In Gottes neuer Welt werden sich Himmel und Erde durchdringen. Die neue Erde ist nicht vom Himmel zu trennen, sie ist „im Himmel“, in der sichtbaren Gegenwart Gottes. Wo Gott wohnt, da ist der Himmel. Und wenn er auf der neuen Erde wohnt, bei den Menschen (Offenbarung 22,3), dann haben wir den Himmel auf Erden.
Dann wird alles so sein, wie wir es uns im Tiefsten wünschen. Wie Gott es wollte von Anbeginn der Welt, wie er es uns ins Herz gesät hat. Der Auferstandene lebt, und mit ihm auch wir. Er nimmt uns mit in die Ewigkeit. Denn dorthin, wohin er gehört, gehören auch wir. Dort ist unser wahres Zuhause.

Diese Welt ist wie ein Wasserbecken, bei dem wir – wie die Fische im Aquarium – immer wieder an die Ränder stoßen. Wir brauchen den Himmel, um wie ein Fisch im Ozean zu schwimmen. Oder, wie der Priester Brennan Manning es ausdrückt: „Wir sind für Jesus Christus geschaffen. Nichts anderes wird uns je befriedigen.“

Sabine Bockel ist Theologin. Dies ist die gekürzte Form eines Artikels, der in LYDIA 1/2013 erschien.

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