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Gelassen bleiben in der Krise

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Statt dauernd um mich selbst zu kreisen, wechsele ich die Perspektive und die Blickrichtung.

Ich nehme den Kugelschreiber und streiche alle Aktivitäten in meinem Terminkalender durch. Eine ungewohnte Erfahrung. Wo sonst immer mehr dazukommt, fällt nun alles weg. Corona und seine Folgen machen meine Termine zunichte und jagen meine Seele durch sämtliche Gefühlsempfindungen. Zuerst löst das Wort „Ausgangssperre“, das hier in Tirol sehr streng gehandhabt wird, Angst und Sorge in mir aus. Wie soll das werden, als ganze Familie 24 Stunden am Tag auf engstem Raum zusammen zu sein? Zwischendurch schleicht sich dann so etwas wie Erleichterung ein: einfach mal frei haben, keinen Verpflichtungen nachgehen, tun und lassen, was ich möchte. Unser erster „eingesperrter Tag“ wird ein ganzer Tag im Schlafanzug. Doch mit der Zeit wachsen Frust, Langeweile und immer öfter kommt die Frage auf: „Wie lange halten wir das noch durch?“ Unter Extrembedingungen kommen Persönlichkeitsunterschiede noch mehr zum Vorschein – und es gibt keine Ausweichmöglichkeit!

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Irgendwann werde ich müde vom ständigen Kreisen um mich selbst. Denn ich merke: Je mehr ich nur an mich selbst denke und meinen Sorgen Raum gebe, desto größer scheinen sie zu werden. Was mir hilft, ist eine andere Perspektive. Nach dem Blick nach innen, der Blick nach oben. Und die Frage an Gott: Wie könnte diese Krise mehr sein als eine Gelegenheit, Liegengebliebenes zu erledigen, mehr Netflix zu schauen und gegen das Gefühl anzukämpfen, dass mir die Decke auf den Kopf fällt? Uns wird bewusst, dass diese Situation manche Menschen besonders mitnimmt: ältere Menschen, die sich sowieso schon einsam fühlen und jetzt abgeschnitten vom Leben sind. Oder Kranke, die Angst vor einer Ansteckung haben und sich völlig isolieren müssen. Doch wir sind gesund, haben viel Zeit und können helfen. Gemeinsam mit den Kindern hängen wir in unserer Nachbarschaft Zettel auf und bieten an, für diejenigen einkaufen zu gehen oder Erledigungen zu machen, die sich nicht mehr aus dem Haus trauen. Selten habe ich so nette Rückmeldungen erhalten wie auf diese paar Zeilen. Plötzlich ist ein Wir-Gefühl da unter Menschen, die sich vorher höchstens kurz gegrüßt haben. Wir rufen Bekannte und Freunde in unserem Umfeld an, von denen wir wissen, dass sie besonders herausgefordert sind. Und fast immer lautet ihr erster Satz: „Ist das schön, dass du an mich denkst!“ Am Ende sind wir die Beschenkten, die das erleben, was schon die Bibel verspricht: „Es liegt mehr Glück im Geben als im Nehmen.“

Gemeinschaft statt Einsamkeit
Corona löst Angst und Sorge aus. Keiner von uns weiß, welche Auswirkungen dieses Virus noch auf unser persönliches Leben haben wird. Aber in all dem Schrecken und der Ungewissheit gibt es einen, der uns einlädt, uns von etwas anstecken zu lassen, das von ganz anderer Art ist: der Liebe zu ihm und anderen. Wenn wir in Jesus Halt finden, können wir mit kleinen Taten der Liebe und Fürsorge etwas verbreiten, das Leben schenkt, statt es zu rauben. Zuversicht statt Angst. Gemeinschaft statt Einsamkeit. Und eine Hoffnung, die nie zu Ende geht.

Veröffentlicht am 27. März 2020

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2 Antworten

  1. Eine Frau namens Lydia

    Vor kurzem war ich einer Frau im Park unserer Stadt begegnet. Ganz spontan erzählte sie mir von ihren Sorgen. Krankheit in der Familie, alles erschien aussichtslos. Wir unterhielten uns eine Weile und dann habe ich ihr empfohlen zu beten und in der Bibel zu lesen.

    Ich traf diese Frau wenige wieder, Michelstadt ist ein kleines Städtchen, da läuft man sich immer mal über den Weg. Jetzt waren wir bereits in der Corona-Krise. Ich war erstaunt, als sie mir sagte: " ich habe mir eine Bibel gekauft." und ich habe mich darüber natürlich sehr gefreut und ich betete für diese Frau, deren Namen ich nicht einmal kannte.

    Nun hatten mein Mann und ich uns zur Angewohnheit gemacht, am Nachmittag in die evangelische Stadtkirche zu gehen und dort zu beten. Heute war die Kirche dunkler als sonst, wahrscheinlich waren wir später dran. Die Bibel lag auf dem Altar und war angeleuchtet. War das nicht ein Bild dafür, dass es dunkel war in unserer Welt, aber Gottes Wort leuchtet hell. Ich betete intensiv dafür, dass die Menschen in diesen dunklen Tagen Jesus das Licht des Lebens finden würden.

    Auf einmal dachte ich an die Begegnungen mit der Frau und mir kam der Gedanke, "Gott tat der Lydia das Herz auf". Und dann kam mir der eigentlich abwegige Gedanke, vielleicht heißt die Frau "Lydia". Vielleicht war sie auch eine Frau, der Gott das Herz auftun wollte. Als mein Mann und ich aus der Kirche traten, stand die Frau auf einmal ein paar Meter weit weg von uns. "Ich habe Ihnen was mitgebracht", sagte ich, denn ich hatte einfach mal eine "Lydia" eingepackt. Als sie das Heft sah, freute sie sich und sagte: "Und ich heiße Lydia." Ich war ganz überwältigt, gab ihr noch das Buch, das ich geschrieben hatte ("Es war, als würde ich fallen. Leben mit einer psychischen Erkrankung" Neufeld Verlag) und sie meinte, sie wolle mich anrufen. Ich gab ihr noch ein paar Tipps zum Bibellesen und ehrlich gesagt, ich war überglücklich.

    Ich habe den Eindruck, dass viele Menschen offener für Gott sind in dieser schwierigen Zeit. Ich bin dankbar, dass ich für sie beten kann und mich und meine Lieben immer wieder unter Gottes Schutz stellen darf. In Corona-Zeiten spricht man über Struktur, die jetzt wichtig ist, wenn man viel Zeit zuhause verbringt. Psalm 55 hilft mir: Ich aber will zu Gott rufen. Der Herr aber will mir helfen. Des Abends, morgens und mittags will ich klagen und heulen, so wird er meine Stimme hören." Wir teilen unsere Gebetszeiten auf in drei Teile. Morgens betet jeder für sich, nachmittags in der Kirche und später noch ein Abendgebet für unsere ganz persönlichen Anliegen.

    Im Vers 23 von Psalm 55 heißt es: "Wirf dein Anliegen auf den Herrn, der wird dich versorgen und wird den Gerechten nicht ewiglich in Unruhe lassen."

    Meine Seele darf zu jeder Zeit, auch wenn die Not noch so groß ist, bei Gott zur Ruhe kommen. Auch wenn gläubige Menschen angesichts von Corona ängstlich sind, dürfen sie Ruhe und Frieden bei Gott finden. Das Lesen der Psalmen hilft mir dabei sehr.

  2. Vielen Dank Saskia und Rosemarie,

    auch ich darf ähnliche Erfahrungen machen.
    Zuerst brauchte auch ich einige Zeit, um mich in dieser unnormalen Situation zu sortieren. Aber irgendwann war ich an dem Punkt, an dem ich sagen konnte: Herr, hilf mir, in dieser Zeit meinen Platz so auszufüllen wie Du es möchtest.

    Außer beten gehört dazu nun:
    1. daß ich mich bei der Kassiererin, aber auch allen anderen Mitarbeitern, denen ich über den Weg laufe, für ihre Arbeit bedanke, ihnen Gottes Segen und viel Bewahrung wünsche.
    Jedesmal bin ich die Beschenkte. Die Freude ist immer sehr groß.

    2. habe ich nun eine lange Telefonliste von Freunden, Bekannten etc. (ich bin die einzige in meinem Umfeld, die Jesus gehört), die ich regelmäßig anrufe.
    Ich war überrascht, als ich bereits 2x die Aussage hörte: "Da steht doch irgendwo was in der Bibel drüber?"

    Ich bin so dankbar, daß ich nicht in der Angst (die natürlich auch immer mal wieder kommt) stecken bleiben muß.

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