Eine Stimme gegen das

Vergessen

Yuval 34

Wie singt man von Hoffnung, wenn man Gewalt und Hass erlebt hat?

Vom 11. bis 17. Mai findet in Basel der Eurovision Song Contest (kurz: ESC) statt, bei dem in
diesem Jahr 37 Länder teilnehmen. Auch Israel nimmt an dem Musikwettbewerb teil. Das
Land wird dieses Jahr von der 24-jährigen Yuval Raphael aus Ra’anana vertreten.

Yuval hat das Grauen des Hamas-Massakers am 7. Oktober 2023 auf dem Gelände des Nova
Festivals überlebt. Aus ihrem tiefen Schmerz, dem Verlust vieler Freunde und dem Mut,
weiterzuleben, ist ein besonderes Lied entstanden: das Lied vom neuen Tag. Es ist ein
Aufschrei gegen die Dunkelheit, ein Bekenntnis zum Leben – und ein leuchtendes Zeichen
der Hoffnung.

"Ich wähle das Licht
Ich habe nichts zu verlieren,
Und selbst
Wenn du Lebewohl sagst –
Bleibst du in mir,
Hebst mich empor, trägst mich ins Licht.
Ein neuer Tag wird anbrechen
Die Dunkelheit wird verblassen,
All der Schmerz wird vergehen …“

Was es Yuval kostet, diese Zeilen zu singen, können die Zuhörer nur ahnen. Es klingt wie ein
melancholisches Liebeslied und strahlt doch Hoffnung aus. Kein Wort verrät etwas von der
Geschichte der Sängerin. Kein Wort lässt erahnen, dass vielleicht mehr als der Bruch einer
persönlichen Beziehung gemeint ist.

Und dennoch verbirgt sich dahinter eine unglaubliche Überlebensgeschichte. Denn Yuval hat
das furchtbare Massaker der Hamas vom 7. Oktober 2023, das den Namen „Al Aksa Flut“
trug, überstanden. Mit diesem Wissen bekommen die folgenden Worte eine tiefere Bedeutung.

"Das Leben wird weitergehen
Jeder weint – Weine nicht allein
Wir werden bleiben
Selbst wenn du dich verabschiedest.
Viele Wasser können die Liebe nicht auslöschen
Auch die Fluten können sie nicht ertränken …“

Sie stehen für Yuvals Willen, ihrem Leben besondere Tiefe zu geben – weil sie dem Tod ins
Auge gesehen hat, weil sie miterleben musste, wie die Menschen um sie herum zu Hunderten
ermordet wurden.

Erinnerung an Schmerz und Zerstörung

Die erste israelische Ausgabe des vor 20 Jahren in Brasilien gegründeten Open-Air-Festivals
Supernova Sukkot Gathering, begann am Vorabend des jüdischen Festes Simchat Tora im
Oktober 2023. Eine Feier von „Freunden, Liebe und unendlicher Freiheit“. Der Ort ist fünf
Kilometer vom Grenzzaun zum Gazastreifen entfernt und wurde nur von privaten
Sicherheitskräften und Polizisten geschützt. Doch darüber machte sich scheinbar niemand
Gedanken – bis im Morgengrauen um 6:39 auf einmal die Musik abbrach und Alarmstufe Rot
ausgerufen wurde. Unzählige Raketen schlugen ein und Hamas-Terroristen durchbrachen mit
Gleitschirmen, Pick-up-Trucks und Motorrädern die improvisierte Verteidigung und eroberten
das Gelände. Festivalbesucher versuchten vergeblich, sich unter Büschen, in Müllcontainern
und Toilettenanlagen zu verstecken oder zu ihren PKWs zu fliehen.

Auch Yuval hatte auf diesem Musikfestival getanzt. Nachdem sie erfahren hatte, dass die
Fluchtwege besetzt waren, hatte auch sie sich mit vielen anderen in einen öffentlichen
Luftschutzbunker am Straßenrand geflüchtet. Dieser wurde jedoch von den Terroristen
entdeckt und mit Handgranaten angegriffen. Die Schüsse und Explosionen töteten fast alle
Menschen darin. Yuval überlebte nur, weil sie sich unter den Leichen anderer versteckte und
viele Stunden lang bewegungslos ausharrte. Wie schwer ist eine Leiche, die auf einem liegt?
Wie fühlt es sich an, wenn fremdes Blut auf einen tropft? Von den 40-50 Jugendlichen, die
hier Schutz gesucht hatten, überlebte nur ein knappes Dutzend.

Vom Mut weiterzuleben

Wie lebt man nach so einer Erfahrung weiter? Yuval nahm therapeutische Hilfe in Anspruch,
um mit den inneren Wunden und der Erinnerung leben zu lernen. Sie wird den 7. Oktober nie
vergessen können, aber Yuval fand trotz allem die innere Kraft, wieder aufzustehen.

Dass sie darüber berichtet, was am 7. Oktober geschah, ist ihre Art zu kämpfen. In der
Situation damals war sie hilflos – jetzt möchte sie mit ihren Worten und Botschaften dafür
sorgen, dass so etwas nie wieder vorkommen wird. Darüber zu sprechen, gibt ihr Kraft. Ihr
Überleben soll eine Botschaft der Hoffnung sein. Und so vertritt sie Israel am 15. und 17. Mai
2025 beim Eurovision Song Contest vor der ganzen Welt.

weiterführende Links:

Den vollständigen Artikel von Yuval finden Sie hier. Außerdem finden Sie auf YouTube das Lied, das Yuval singen wird, sowie ein Video über ihre Geschichte.

Bildquelle: Shai Franco / Tedy Productions LTD

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