Montag, 24.02.2025

Über Türen, Teelichter

und Mit-Teilen

Ich gehe häufig in unsere Stadtkirche. Schon die Eingangstüre ist einen ausführlichen Blick wert: In Messing ist das gesamte Glaubensbekenntnis künstlerisch vorhanden. Dieses Bekenntnis zum dreieinigen Gott als "Kunstwerk" mit all den Lettern und Bildern kann nicht so leicht zerstört werden.

Öffnet man dann diese schwere Türe, stellt sich der Innenraum der Kirche als eher nüchtern da: Weder Schnörkel noch Goldverzierungen glänzen einem entgegen. Und es sind auch keine Statuen vorhanden, nur schlichte Steinsäulen und Holzbänke. So fällt der Blick direkt auf den freien Altarraum. Schon vom Eingang aus sieht man die dicke aufgeschlagene Bibel, die darauf liegt. Der Altarraum ist nicht abgegrenzt durch ein Band. Jeder kann eine Stufe hinaufsteigen, vor die Bibel treten und darin lesen.

Das Kirchenfenster zeigt ein Motiv des gekreuzigten und auferstandenen Herren. Mich freut es – denn das Licht scheint in den Altarraum durch jene Fenster und kann jeden erinnern: Er kam als Licht in die Welt.

Als etwas Besonderes empfinde ich jene Ecke gleich links neben dem Eingang. Auf einem Gestell sind in kleinen Mulden Teelichter platziert. Manche sind bereits abgebrannt, bei anderen züngelt die Flamme in die Höhe und scheint in dieser Ecke auf, und andere warten noch darauf, dass sie entzündet werden. Hier ist kein Spendenkästchen vorhanden, auch kein Hinweis, dass das Entzünden einer Kerze 1 Euro kostet, wie ich es schon oft gelesen habe. Lediglich, dass man Geld überweisen kann, wenn man möchte, und doch bitte das genutzte Streichholz in das Gläschen nebenan wirft.

Ich entzünde hier stets eine Kerze – denke still, fernab vom Treiben der Stadt, was Jesus getan hat am Kreuz und wie geduldig er mit mir ist. Ich denke auch an so viele andere Menschen, die mir auf den Herzen liegen. Ich zünde für sie ein Licht an und darf wissen, dass diese Menschen auch Jesus "auf dem Herzen liegen" – und auch ich liege ihm am Herzen!

Ansteckende Dankbarkeit

In einer Ecke steht eine große Statue des gekreuzigten Herrn. Ich denke an all das Leiden, das er auf sich genommen hat, und ebenso daran, dass Gott diese Welt so sehr liebt, dass er seinen Sohn gesandt hat, damit jeder, der an ihn glaubt, Vergebung erfahre und auch das Wunder, dass der auferstandene Herr ihm nah ist. Begreifen werde ich das nicht. "Danke" ist wohl das Mindeste, das ich ihm dafür sagen kann – ein ehrfürchtiges, demütiges Danke.

Ein Buch liegt auf einem Podest. Es gibt den Besuchern die Möglichkeit, die eigenen Bitten und den Dank auch schriftlich niederzuschreiben. Hier lese ich, was Menschen bewegt – auch für diese unbekannten Menschen darf ich beten. So lese ich dort:

"Vielen Dank für gute Menschen, die uns begegnen und uns vertrauen. Danke schön." K+M

"Gott, bitte schütze unsere Gemeinde und deine Schafe."

"Jesus Christus, lieber Gott, danke für eure Hoffnung und Liebe und euren Glauben." L.l

"Führe doch mein Leben heraus aus dem Kerker, damit ich deinen Namen preise." Psalm 142,8

"Lieber Herr, habe Dank für Deine Liebe."

"Ich danke Gott für alles."

"Lieber Gott, bitte öffne das Herz meiner Tochter weit, damit ich wieder Platz darin finde und Versöhnung möglich wird!" L. J.

"Lieber Gott, ich danke dir für alles."

"Gib meinen Sohn wieder Kraft und Energie nach seiner Doktorarbeit. Danke.

"Beschütze uns alle: meine Kinder und Enkelkinder, meinen Schwiegersohn und mich selbst. Danke."

"Hilf, dass mein Laborbefund gut ausfällt. Danke! Danke! Danke!”

Ganz unterschiedliche Schriftarten, Daten, Namen, und zugleich fällt mir auf: so viel Dank. Jedes Mal ein "Danke". Noch etwas ist mir aufgefallen: Alle Lebensthemen sind vorhanden: Da ist ein Gebet für die Gemeinde, dort eines für die eigene Familie, sogar präzise der Sohn oder die Tochter, auf anderen Seiten las ich auch über die Urenkel. Ebenso legt eine Beterin ihre Gesundheit vor Gott hin oder das eigene seelische Erleben; an anderer Stelle nutzt jemand einen Gebetsvers aus der Bibel zum eigenen Gebet.

Mir ist so, als ob Beter hier sich erinnern an ein Danke durch andere Beter, die ebenfalls Danke hineinschrieben. Auch mich lenkt ein Danke von anderen zu Gott, um ihm mein Danke zu sagen.

Auch die vielen Bitten und darin gehüllte Hoffnungen und Wünsche – wie häufig habe ich schon erlebt, dass durch das Gebet eines anderen auch meine Bitten ausgesprochen werden. Und so können auch durch mein Bitten und Flehen andere ermutigt werden, ihre eigenen Anliegen vor Gott zu bringen.

"Danke" an die Autorin

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4 Antworten

  1. Ich hatte vor einigen Jahren eine Krebserkrankung.
    Jedesmal wenn ich in der Klinik zur Nachkontrolle war, ging ich in die kleine Kirche am Spitalsareal. Auch dort kann man Kerzen anzünden und und seine Anliegen in ein dickes Buch schreiben. Das tat ich stets gerne und gedachte in den Gebeten und Notizen auch an Kranke und Menschen mit anderen schweren Herausforderungen in meinem Umfeld. Ich schloss auch die Ärzte und Pfleger in meine Gebete ein. Ebenso las ich die Anliegen und Nöte der Menschen die diesen Ort der Stille und des Trostes vor mir aufgesucht hatten.
    Es tat gut zu wissen, dass ich nicht alleine bin in meinen Sorgen. Ich hatte auch viel Grund zu danken.

  2. Ein berührender Bericht der in so gute Worte fasst was ich oft empfinde und erlebe wenn ich in so manche Kirchen gehe, innehalten kann. Vielen Dank für Ihre Worte für meine Erfahrungen.

  3. Oh ja die Bitte das Herz meiner Tochter weit zu öffnen und wieder Raum darin zu erlangen und das Vergebung passieren kann das ist auch mein Wunsch,wie schön das ich mich darin auch wieder finden kann.Dankbar bin ich für jede kleine Annäherung und Gottes Gnade,denn nach einer Trennung von den Eltern hat es kein Kind leicht egal wie alt sie sind.

  4. Die Erzählung „Über Türen, Teelichter und Mit-Teilen“ von Anje Schering hat mich sehr berührt. Ihre einfühlsamen Worte haben mich dazu angeregt, selbst innezuhalten und dankbar auf meine eigenen Erlebnisse mit Gott zu blicken.
    Besonders schön fand ich die Beschreibung der Stadtkirche als einen Raum, in dem jeder Mensch mit seinen Hoffnungen, Sorgen und seinem Dank vor Gott treten kann. Die Gedanken über die Teelichter und die Bitten im Gebetsbuch haben mich tief bewegt. Es ist sehr tröstlich miteinander im Gebet verbunden zu sein.

    Danke, dass Sie solche wertvollen Artikel veröffentlichen, die Mut machen, inspirieren und den Blick auf das Wesentliche lenken.

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