Vor Jahren las ich einmal in einem Heft: „Blinde Menschen sind meistens einsam, denn andere trauen sich nicht zu, in der richtigen Weise mit ihnen umzugehen.“ Ich erzählte meinem Mann davon und er meinte: „Ich habe einen blinden Kollegen, der in der Telefonzentrale arbeitet. Soll ich mal in der Mittagspause mit ihm spazieren gehen?“ „Ja, warum nicht?“, antwortete ich. „Er wird sich sicher freuen.“
Einige Zeit später erzählte mein Mann mir, wie klug der Kollege sei und wie er sich über den Spaziergang im Frühling gefreut hätte. Mein Mann hatte ihn die Blütenknospen und jungen Blättchen betasten lassen. Von nun an machte mein Mann öfter Spaziergänge mit seinem Kollegen und wir luden ihn und seine Frau auch zu uns nach Hause ein. Weil das Ehepaar keine Kinder hatte, freuten sie sich an unseren Kindern und die Frau des Kollegen, „Tante Edith“, kam viele Jahre lang am Montag zu uns, um mit unseren Kindern zu spielen und zu singen. Sie hatte auch nur ein Sehvermögen von zwei Prozent, konnte aber ihren Haushalt führen und spielte fröhlich mit den Kindern und erzählte ihnen Geschichten.
Die Freundschaft zu dem Ehepaar dauerte mehr als 50 Jahre an und wir feierten fast alle Feste wie Geburtstage, Weihnachten und Hochzeitstage gemeinsam. Im Alter wohnten sie noch einige Jahre im gleichen Seniorendorf wie wir.
Als Edith mit über 80 Jahren todkrank im Krankenhaus lag, besuchten wir sie. Sie war wach und sagte: „Ich glaube, Gott ruft mich ab!“ „Bist du denn bereit?“, fragte ich. „Ich weiß nicht“, antwortete sie. Da sagte ich zu ihr: „Jesus hat am Kreuz all unsere Schuld und Sünde getragen. Bitte ihn um Vergebung für alles, was in deinem Leben verkehrt gelaufen ist, für alle Sünde. Er will uns vergeben, wenn wir ihn darum bitten.“ Das tat sie mit einfachen Worten. Danach sagte mein Mann: „Willst du Jesus Danke sagen, dass er dir vergeben hat und du nun sein Kind bist?“ Auch das tat Edith. Als sie „Amen“ gesagt hatte, strahlte sie vor Freude und meinte: „Lasst uns ein Lied singen!“ Wir wussten, dass sie das Lied „Der Herr ist mein getreuer Hirt“ noch aus der Blindenschule kannte, und sangen es mehrstimmig.
Den besonderen Frieden und die Freude behielt sie, als sie in ihr Zimmer im Heim zurückkam. Sie schlief viel und nach einigen Tagen ging sie ganz leise zu Jesus. Wir freuten uns so sehr, dass sie Jesus an ihrem Lebensende noch angenommen und seinen Frieden bekommen hatte. Und alles begann mit einem einfachen Spaziergang.
Ingrid Kastirr
10 Antworten
Danke für diese bewegende Geschichte, die mich Vieles lehrt, z. B. dass die Freude, die wir an Andere weitergeben mehrfach zu uns zurückkehrt und wir mit der Weitergabe von Gottes Wort beharrlich sein sollen, da die Früchte oft erst spät geerntet werden können .
Das ist eine bewegende Geschichte. Unglaublich, was eine kleine gute Tat bewirken kann.
Lasset uns aber Gutes tun und nicht müde werden; denn zu seiner Zeit werden wir auch ernten ohne Aufhören. Galater 6,9
Schön, wenn sich so eine lebenslange Freundschaft entwickelt. Das finde ich, da ich es selbst nicht, noch nicht, habe, sehr bewundernswert. Und dann am Ende noch eine Bekehrung, sehr gut.
Das ist eine so schöne Geschichte! Vielen Dank dafür. Mit einer einzigen freundlichen Einladung zu einem Spaziergang entstand eine so tiefe Freundschaft. Und darüber hinaus zeigt uns diese Geschichte, dass es sich lohnt, immer wieder Jesus zu bezeugen und SEINE Liebe weiter zu geben. Es gab sicher eine Riesenparty im Himmel, als diese Frau dort ankam!
Dass die Freude im Himmel riesengroß ist. Mich hat diese Geschichte auch sehr berührt. Danke für diese Einstimmung in die Woche.
Wunderschön.
Danke für dieses wertvolle Zeugnis.....
und liebe frau Barth, dass lässt sich doch ändern, ich musste auch lernen auf andere zu zugehen, nur Mut.
Danke, das ist eine wahre Ermutigung für den Beginn einer neuen Woche!
Ich bin sprachlos.
Was für eine Geschichte.
Haben sie vielen Dank, dass sie diese zu Papier gebracht haben.
Und was für ein herzzerreißender Übergang in die Herrlichkeit Gottes.
Danke für die Ermutigung dahingehend, dass auch alte Menschen noch den Weg zum HERRN finden können, finden dürfen.
Ich bete schon über 25 Jahre für eine sehr nahestehende Person die mittlerweile über 60 Jahre alt ist. Da hilft es mir wirklich sehr, zu lesen, dass es auch mit über 80 noch möglich ist...also: dran bleiben und die Hoffnung nicht aufgeben!