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Montag, 11.10.2021

Heilmittel gegen Bitterkeit

Neulich las ich, dass Menschen beim Altwerden dazu neigen, bitter zu werden. Manche sind rückwärtsgewandt und klagen ständig über Situationen, in denen das Leben ihnen übel mitgespielt hat. Andere hadern mit aktuellen Veränderungen, die sie nicht beeinflussen können, mit denen sie aber nicht einverstanden sind. Ihre Bitterkeit lässt sie mitunter zu unangenehmen Zeitgenossen werden. Als Gegenmittel wird die Dankbarkeit genannt, die man einüben und wie ein Pflänzchen in seinem Seelengärtlein gießen und pflegen kann.
Meine Gedanken wandern zurück zu einer Fortbildung zum Thema Resilienz. Die Referentin hat es nicht leicht, weil die Technik versagt. Sie beweist aber, dass sie gut ist in ihrem Fach, und gestaltet den Tag sehr abwechslungsreich und informativ.
Kurz vor der Abschlussrunde fügt sie den gängigen Resilienzfaktoren wie Optimismus, Lösungsorientierung, Netzwerk- und Beziehungsgestaltung noch einen Punkt hinzu, der ihr persönlich wichtig ist: die Dankbarkeit.
Sie berichtet, dass sie sich oft am Ende eines Tages Zeit nimmt, um alles aufzuzählen, wofür sie dankbar ist. Sie beschreibt, dass sie dann große Freude in sich spürt, ein so reich beschenkter Mensch zu sein. Das gibt ihr Aufwind für ihr Inneres und lässt sie positiv auf ihre Lebenssituation blicken.
Ihre Art, mit der sie uns Seminarteilnehmerinnen davon erzählt, lässt auch über unsere Gesichter ein zustimmendes Lächeln huschen. Toller Gedanke!
Sie bittet uns zum Austausch. Ich formuliere behutsam, denn ich möchte niemandem meinen Glauben plump aufdrängen: „Wenn man diesen schönen Gedanken der Dankbarkeit von der christlichen Glaubenstradition her betrachtet, so kennen wir dort das Gebet, in dem wir Gott unseren Dank sagen. Manchmal mache ich das – genau wie Sie – und zähle meine vielen Gründe, dankbar zu sein, vor Gott auf. Denn als Christen beziehen wir unser Leben von Gott her. Deshalb bedanke ich mich bei Gott. Er ist die Adresse meines Dankes und auch meiner Bitten.“
Die Referentin schaut mich mit einer Mischung aus Freude und Erstaunen an und sagt: „Ja, das ist dann sogar noch eine Stufe höher!“ Sie fügt wohlwollend und gleichstellend hinzu: „Der Gedanke an die Schöpferkraft, der wir unseren Dank sagen können, ist sicher nachdenkenswert.“
Die Fortbildung geht freundlich und wertschätzend ihrem Ende entgegen und ich fahre mit neuen Impulsen zum Thema Resilienz nach Hause.
Was bleibt nach Monaten von dem Gehörten bei mir noch präsent? Die Sache mit der Dankbarkeit! Und es gesellt sich in meinen Gedanken ein Bibelvers hinzu: „Wer mir seinen Dank zeigt, der bringt mir ein Opfer dar, das mich ehrt. So ebnet er den Weg, auf dem ich ihm Gottes Rettung zeige“ (Psalm 50,23). Gott ist die Adresse meines Dankes.
Dank an Gott ebnet mir den Weg zur Hilfe, zum Heilwerden und zur seelischen Ermutigung. Meine Seele darf aus dem Getriebensein herausfinden, frei atmen und entspannen lernen, weil Gott mein Helfer und Retter ist.
Dank an Gott ebnet mir den Weg aus den Traurigkeiten über die vielen Dinge des Lebens, deren Entwicklung ich nicht beeinflussen kann. Wie unliebsame Veränderungen in meinem Umfeld oder mein mitunter herausfordernder Alterungsprozess.
Ja, ich denke, Dankbarkeit ist ein Gegenmittel gegen Bitterkeit und stärkt meine Resilienz.

Christine Schlagner

"Danke" an die Autorin

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8 Antworten

  1. Guten Tag! Ich finde die Montagsgedanken: "Heilmittel gegen Bitterkeit" von Christine Schlagner sehr gut!! Ich kenne in meinem näheren Umfeld bittere Menschen und finde dies so schade! Natürlich geht es im Leben nicht immer glatt, wir werden verletzt - verletzen aber auch andere Menschen - es gibt Brüche, Krankheit und Dinge deren wir uns im Nachhinein schämen. Aber darum bitter werden?? Oder gar neidisch auf Andere, deren Leben scheinbar immer gut verlaufen ist? Nein. Ich entdecke selbst in Wüstenzeiten viel Schönes, wofür ich sehr dankbar bin. Und ich lebe in einem Land wo es uns - gemessen an den meisten Ländern - wirklich materiell richtig gut geht. Es gibt 1000 und mehr Gründe dankbar zu sein!! Das sollten wir mit bedenken!
    Magdalena Müller

  2. Ich kenne so eine Frau persönlich, die im Alter wirklich bitter geworden ist. Das sieht man ihr auch an. Sie wirkt verhärmt und streng, strahlt so gar keine Herzlichkeit aus, obwohl sie Christin ist und das Christsein auch sehr ernst nimmt. Ehrlich gesagt wirken solche Menschen nicht gerade einladend auf Andere. Selbst Jesus, der soviel Widerstand erfahren hat, immer wieder in Streitgespräche verwickelt wurde, ausgetestet wurde von den Pharisäern, verspottet und beleidigt wurde, verraten und verkauft und zum Schluß elendiglich unschuldig und einsam an einem Kreuz starb - selbst Jesus war liebevoll,

    mitfühlend, barmherzig, geduldig und treu - uns Menschen gegenüber, die wir das oft gar nicht verdienen. Daran sollten wir uns immer wieder ein Beispiel nehmen.

  3. Dankbarkeit ist sicherlich nicht verkehrt, aber es gibt Situationen in denen es einem wirklich schwer fällt sich ganz auf Gott einzulassen. Da hilft nur viel Vertrauen und Gebet.
    Ich glaube mit Gebet kann man eine Menge bewirken.
    Selbst das Gebet für Feinde, oder verbitterte/verletzte Menschen.
    Ist nicht immer leicht, aber mit Gottes Hilfe durchaus machbar. 😉
    Auch sollte man nie vergessen das der Herr jederzeit widerkommen kann.
    Das gibt mir zumindest eine Menge Hoffnung und Befreiung 😉

  4. Ich kann diesen Gedanken nur zustimmen - seit fast 5 Jahren führe ich ein Danke Tagebuch und mir wird jeden Tag beim Schreiben bewusst, wie reich ich von Gott beschenkt bin. Am Anfang ist mir oft nicht viel eingefallen, bis mir eines Tages ein Licht aufging, dass es schon ein Geschenk ist, wenn man jeden Tag gesund aufstehen kann, Sehen, Hören, Riechen, Fühlen und Schmecken kann. Wir haben sauberes Wasser, und Essen, Kleidung, ein Dach über dem Kopf und brauchen keine Angst haben, dass eine Granate neben uns einschlägt. Und mit jedem Tag weitete sich mein Blick für all die Schönheit, die Gott uns jeden Tag schenkt. Es ist bei weitem nicht alles in bester Ordnung, aber ich habe jeden Tag so viele Gründe dankbar zu sein. Ich kann nur jedem Mut machen, sich an einem Danke Tagebuch zu versuchen und sich beschenken zu lassen.

  5. In schweren Zeiten sind die Gedanken darüber,worüber ich mich freue oder staune sehr wichtig. Dann noch einen Schritt weiter zum Dank an Gott z.B. über das Gänseblümchen im Gras, den singenden Vogel, die Liebe unserer Familie ... Dies bewahrt davor, Gottes Liebe und Größe zu vergessen und DENNOCH Freude zu empfinden. Als unsere Tochter über Jahre schwerst erkrankt war, hat uns dieses "Dennoch-Danken" über Wasser gehalten und vor Bitterkeit bewahrt. Schön ist es, wenn wir uns das auch gegenseitig immer wieder bewusst machen, denn manchmal sehen wir das Gute selbst nicht mehr und brauchen die Augen eines anderen Menschen um wieder weiter sehen zu können. Außerdem: ein dankbares Gesicht leuchtet mit einer inneren Schönheit, die kein Make-up erreicht!

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