Es ist spät am Abend. Bevor ich schlafen gehe, schaue ich noch mal im Kinderzimmer vorbei. Am Bett meiner Tochter bleibe ich stehen. Ich sehe, wie friedlich sie schläft. Und ich staune darüber, wie groß sie schon ist. Es kommt mir so vor, als wäre ich gerade eben erst mit ihr von der Wochenbettstation nach Hause gekommen. Mit einem kleinen hilflosen Menschenkind im Arm, das ganz darauf angewiesen war, dass liebevolle Eltern sich um es kümmerten.
Wie viel haben wir seitdem zusammen erlebt! Ich habe ihre Krabbelversuche bestaunt und die ersten Schritte gefeiert. Wir haben zusammen gestaunt über das große weite Meer, den Stein am Strand, das Eichhörnchen im Baum und die Pusteblume auf der Wiese. Wir haben Laternen gebastelt, Buden gebaut, Gespenster verjagt, Plätzchen gebacken und stundenlang das gleiche Buch angeschaut. Wir haben erzählt, gestritten und uns versöhnt. Und während ich so an ihrem Bett stehe, denke ich daran, wie sehr mich die Aufgabe, Mutter zu sein, manchmal herausfordert. Wie müde und ausgepowert ich gelegentlich bin und dass es Tage gibt, an denen es mir an Geduld fehlt. Und doch ist da diese Liebe zu meinem Kind, die ich nicht in Worte fassen kann.
Ich beginne mehr und mehr zu verstehen, was es bedeutet, dass Gott mich liebt – wie ein Vater oder eine Mutter ihre Kinder. In jeder Situation. Er jubelt bei meinen Erfolgen, er weint bei meinen Niederlagen. Ich erahne die Größe, Tiefe und Weite dieser Liebe. Der Liebe, die keine Grenzen kennt. Der Liebe, die immer da ist. Verlässlich und treu. Von meinem ersten bis zum letzten Atemzug und noch viel weiter.
Susanne Büscher