Ich helfe gerne. Als ich Sozialarbeiterin geworden bin, habe ich mir Helfen zum Beruf gemacht. Es ist schön, wenn man für Menschen Probleme lösen kann. Zu mir kommen Leute, die kein Geld mehr haben, Arbeit suchen, einen Schulabschluss brauchen oder nicht wissen, welche Berufe es gibt. Dann erkläre ich ihnen verschiedene Arbeitsplätze, vermittle sie in passende Kurse, schreibe Bewerbungen und freue mich mit ihnen, wenn sie eine Stelle gefunden oder den Schulabschluss geschafft haben.
Ein Freund von mir, dem ich viel helfe, ist Flüchtling und Analphabet. Er hat viele Probleme – so viele Probleme, wie ich sie noch nie bei einem meiner Klienten erlebt habe. In seinem Leben funktioniert einfach gar nichts. Er hat seine Wohnung verloren, wird bedroht, hat keinen Ausweis und jetzt wurde ihm auch noch die Bankkarte geklaut. Die Bürokratie mit dem Jobcenter ist so kompliziert, dass er schon seit Monaten kein Geld mehr bekommt. Er hat Glück, finde ich, dass ich ihm so viel helfen kann – die meisten Beratungsstellen sind hoffnungslos überlaufen. Doch jetzt will er in eine andere Stadt ziehen, weil er hier von Gangs bedroht wird. Verständlich. Trotzdem bin ich entsetzt: „Wo willst du denn dort Hilfe finden? Wie willst du denn dort klarkommen?“
„Wieso? Ich habe Gott!“, entgegnet er. „Gott wird mir immer helfen.“ „Ja schon. Aber dann sitzt du irgendwo bei Wasser und Brot …“ Ich glaube, dass Gott uns wenigstens Wasser und Brot gibt – aber eine Wohnung für einen Flüchtling und Hilfe bei endloser Bürokratie als Analphabet? Denn wer würde so etwas machen außer mir? Das weiß er auch nicht, aber er glaubt: „Gott gibt nicht nur Wasser und Brot. Gott kann mir auch ohne dich helfen.“ Ich schlucke. Wie überheblich ich wieder einmal war, wie wichtig ich mich genommen habe. Und wie schlecht ich über Gott denke: Für Brot und Wasser wird er sorgen. Aber für alles andere? Großzügig? Hilfe von irgendwoher?
Ich bewundere sein Gottvertrauen und denke: Dir geschehe nach deinem Glauben. Möge der großzügige Gott, an den du glaubst, dir helfen. Dabei schäme ich mich. Warum glaube ich nicht, dass Gott mich mit Gutem überschütten will? Sehe ich nicht, wie oft er es schon getan hat? Warum denke ich, dass ich abhängig bin von Menschen und Umständen? „Wenn ich meinen Gott habe, habe ich alles“, sagt er und geht durch die Tür.
Er hat recht, denke ich. Warum mache ich mir so viele Sorgen? Kann Gott nicht überall seine Engel senden und Hilfe schicken? Mir kommt ein Bibelvers in den Sinn: „Oder ist unter euch ein Mensch, der, wenn sein Sohn ihn um Brot bittet, ihm einen Stein gibt, und, wenn er um einen Fisch bittet, ihm eine Schlange gibt? Wenn nun ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gute Gaben zu geben versteht, wie viel mehr wird euer Vater im Himmel denen Gutes geben, die ihn bitten!“ (Matthäus 7,9–11) Wenn ich an einen großzügigen und mächtigen Gott glaube, der mein Leid wirklich sieht und mitfühlt – worum muss ich mich dann noch sorgen?
7 Antworten
So ein wertvolles Erlebnis! Danke fürs Aufschreiben. Ich glaube, es ist eine gute Erinnerung für alle, die ehrenamtlich oder beruflich Menschen helfen. Danke dafür!
Eine wunderbare Lektion in Punkto Gottvertrauen- ich danke Ihnen für Ihre Geschichte!
GOTT KANN !!!
AMEN HALLELUJA!!!!!
So können wir von einem Analphabeten lernen! Ist doch Klasse diese Geschichte und dieses Gottvertrauen! Seit längerem geht es mir so, dass Gottvertrauen mein Halt im Leben ist - jeden Tag neu. Und oft möchte ich anderen Menschen zurufen, die jammern und klagen: „Habt Vertrauen. Gott sieht euch und weiß um eure Probleme und weiß, was ihr braucht.“ In einem Lied heißt es: Seid nicht bekümmert, seid nicht bekümmert, denn die Freude am Herrn ist eure Stärke.
Vielen Dank für diese Montagsgedanken.
Das hat mich getroffen.
Ermahnt UND ermutigt !
Richtig wertvoll dass Sie uns daran teilhaben ließen!
Ich hoffe ich vergesse es nicht wieder so schnell 😉
Sehr wertvoll diese Zeilen!
Wenn nun schon ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gebt,was gut ist,wie viel mehr wird euer Vater im Himmel denen Gutes geben,die ihn bitten. So heißt es in Matthäus 7,11
Gott belohnt unser Vertrauen!
Hilfe zur Selbsthilfe geben und aus der Abhängigkeit von Menschen lösen.
Das Gottvertrauen gebe ich natürlich damit nicht auf.