Im Matthäusevangelium lesen wir: „Dieses Buch berichtet die Geschichte von Jesus Christus. Er ist ein Nachkomme Abrahams und Davids. Abraham war der Vater von Isaak. Auf Isaak folgten in direkter Linie Jakob …“ (Matthäus 1,2). Wir leben heute in einer individualistischen Kultur, in der man mit seiner Qualifikation und seinen Titeln, seiner Berufserfahrung und allgemein seinen Leistungen auftrumpft. So war das zur Zeit Jesu, in der damaligen, viel stärker gemeinschafts- und familienorientierten Kultur nicht. Matthäus 1 ist nicht nur ein Stammbaum, es ist auch ein Lebenslauf, und der bestand damals aus Angaben über die Familie, den Clan, die Abstammung, die Menschen, mit denen man verwandt war. Ein Stammbaum war eine Botschaft an den Rest der Welt, die so viel sagte wie: „Das bin ich.“
So wie heute wurden auch damals Lebensläufe gern „frisiert“. So ein Stammbaum sollte bei dem Leser Eindruck machen: Schaut her, aus was für einer tollen, edlen Familie ich komme … Doch was Matthäus im Stammbaum Jesu macht, ist das genaue Gegenteil. Es fängt damit an, dass nicht weniger als fünf Frauen als Vorfahren Jesu genannt werden. Das mag den modernen Leser nicht weiter stören, aber in den patriarchalischen Gesellschaften der Antike tauchen Frauen in solchen Listen so gut wie nie auf und schon gar nicht fünf auf einmal. Und es kommt noch schlimmer: Drei der fünf Frauen (Tamar, Rahab, Ruth) sind Heidinnen – zwei Kanaaniterinnen und eine Moabiterin. Für die Juden jener Zeit waren diese Nationen unrein. Sie hatten sozusagen die falsche Rasse; aber hier stehen sie im Stammbaum Jesu. Doch es geht noch weiter. Indem Matthäus diese drei Frauen erwähnt, erinnert er seine Leser ganz bewusst an einige der hässlichsten, peinlichsten und unmoralischsten Vorkommnisse der Bibel. Aus diesen chaotischen Patchworkfamilien kam der Messias …
In Jesu Stammbaum finden sich Ehebrecher und Ehebrecherinnen, Inzestbeziehungen, Prostituierte. Selbst die größten männlichen Vorfahren des Messias – Juda und David – waren moralische Versager. (…)
Was bedeutet das? Bei Jesus zählt es nicht, was für einen Stammbaum ich habe, was ich getan habe und ob ich womöglich Blut an den Händen habe. Wenn ich Buße tue und mein Vertrauen auf Jesus setze, bedeckt seine Gnade meine Sünde und macht mich zu einem Mitglied seiner Familie.
Bei Jesus ist es nicht so, dass die Guten hineindürfen und die Bösen draußen bleiben müssen, sondern jeder, der „drinnen“ ist, hat dies allein der Gnade Jesu Christi zu verdanken. Vor Gott bestehen kann ich allein durch das, was Jesus für mich getan hat.
Am Tisch Jesu Christi sitzen Prostituierte und Könige, Männer und Frauen, Juden und Heiden, Weiße und Schwarze, Anständige und Missetäter einträchtig nebeneinander – alle gleich sündig und verloren und alle gleich angenommen und geliebt.
Timothy Keller
Aus: Stille Nacht – heilige Nacht, Brunnen-Verlag
4 Antworten
Welcher Trost diese Gewissheit gibt! Auch wenn man einen Stammbaum hat, aus dem sex. und jeder andere Missbrauch an der Tagesoednung war, darf ich mich von meinem himmlischen Vater angenommen und geliebt wissen. Ohne jede Einschränkung oder Forderung. Das ist "nur" bei Jesus möglich. So ein Privileg! ER nimmt uns "brutto" an.
Wiedergeboren durch die Tatsache der Auferstehung Jesu Christi von den Toten, welches Glück!
Einfach nur grandios diese Tatsache!!!
Schade nur, dass soviele Menschen ihr Glück und Heil woanders und leider in vergänglichen Dingen suchen.
So hatte ich den stammbaum jesu noch nicht gesehen! Welch ein Gott, der ohne Unterschied der Herkunft und Schuld , uns zu Seinen Kindern mach,allein aus Gnade!