Schwester Maria ist seit vielen Jahren in der ambulanten Pflege tätig. Sie hat mir folgende Begebenheit erzählt:
„An Heiligabend ist der Dienst besonders schwer. Einige meiner Schützlinge leben ganz allein. Du musst sie dann da sitzen lassen, wenn du fertig bist, und weiter zum Nächsten. Das ist hart. Aber die anderen warten ja auch schon auf dich.
Heuer habe ich etwas Besonderes erlebt. Ich betreue eine Frau, die psychisch krank und schwierig im Umgang ist. Als ich hinkam, war sie ganz aggressiv und wollte niemanden an sich heranlassen. Nichts konnte sie beruhigen. Ich schickte innerlich ein Stoßgebet zum Himmel: „Hilf du uns, Gott.“ Und da hatte ich sofort eine Idee.
„Mögen Sie vielleicht ein paar selbst gebackene Weihnachtsplätzchen?“, fragte ich. Schlagartig wurde die Dame ruhiger. Ich gab ihr von unseren Plätzchen aus dem Kloster, die ich ihr eigentlich als Geschenk beim Abschied überreichen wollte. Voller Genuss, ja fast andächtig, aß sie und war wie ausgewechselt. Dann redete sie sogar mit mir: „Kommst du morgen wieder, Schwester? Mit Plätzchen? Das wäre schön.“ Man muss dazu wissen, dass diese Frau in letzter Zeit kaum einen zusammenhängenden klaren Satz gesprochen hat.“
Was haben diese Plätzchen bei der alten Dame ausgelöst? Hat sie sich an ein geborgenes Weihnachten ihrer Kindheit erinnert? Oder an die Zeit, als sie selbst ihre Familie mit Adventsgebäck versorgte? Auf jeden Fall müssen es gute Erinnerungen gewesen sein. Und wie die Angehörigen inzwischen herausgefunden haben, lassen sich diese nicht mit gekauftem Backwerk hervorlocken. Es funktioniert bisher nur mit Plätzchen aus dem Kloster. Das allerdings zuverlässig. Nur Gott weiß, warum.
Schwester Maria lebt nach dem benediktinischen Motto: Jeden Tag Gott suchen. Sie rechnet damit, dass Gott Gebete beantwortet. So wurde Segen daraus: für die alte Dame, für sie selbst und auch für mich. Denn ihre Erfahrung ermutigt mich, im Alltag noch viel mehr auf Gottes Impulse zu achten. Manchmal hat seine Menschenliebe sogar die Gestalt eines Honig-Herz-Plätzchens.
Dieser Text erschien in „24 Seelenwärmer im Advent“ von Sabine Dittrich (Neufeld-Verlag).
Eine Antwort
Wow, so cool! Ich arbeite auch in der ambulanten Pflege und kann es mir bildhaft vorstellen... Gott ist so gross!!