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Montag, 09.08.2021

Die Angst vor dem Busfahren

Die Stimme meines Erstklässlers klang verzweifelt. „Aber was, wenn ich an der falschen Haltestelle aussteige?!?“ Die Bedrohung, die das selbstständige Busfahren für ihn darstellte, war in seinem Innern sehr real. Geduldig versuchte ich ihm zu erklären, dass ich an der Haltestelle auf ihn warten würde und er sie gar nicht verpassen könne. Immer wieder machte ich ihm Mut und sagte: „Du schaffst das. Das weiß ich ganz genau.“ Er war davon nicht überzeugt, denn heute war es gründlich schiefgegangen. Er war zwar nach der Schule in den Bus eingestiegen, hatte aber Panik bekommen und war wieder ausgestiegen.
Nun hatten wir ein Wochenende Zeit, ihn auf Montag vorzubereiten – mit Worten und Taten. Sein Papa fuhr mit ihm im Auto die Busstrecke ab. Gemeinsam schauten sie nach Orientierungspunkten und Dingen, die leicht zu merken waren. Wir beteten mit ihm. Machten ihm immer wieder Mut.
Am Montagmorgen stieg er in den Bus. Und dann hieß es warten …
Als ich mittags losging, um ihn vom Bus abzuholen, betete ich. Um ihn zu feiern, hatte ich etwas Süßes eingesteckt. Und tatsächlich: Der Bus kam und er winkte mir bereits aus dem Fenster zu. Ich war so erleichtert!
Später erzählte er mir: Die Angst war immer noch dagewesen, aber er hatte sich nicht davon besiegen lassen. Ja, es waren viele Tränen im Spiel gewesen. Ja, er war an der Schule noch einmal aus dem Bus aus- und dann wieder eingestiegen. Aber er hatte es geschafft! Wir waren so stolz auf ihn und sagten es ihm auch. 
Ist das nicht ein Bild für uns und unseren himmlischen Vater?
An manchem kommen wir nicht vorbei. Wir verstehen das nicht, sind unsicher, ängstlich und trauen es uns selbst nicht zu. Es war klar, dass mein Sohn sich selbst für zu klein hielt. Doch ich als seine Mutter kannte ihn besser. Ich wusste, was ich ihm zutrauen konnte. 
So stellt uns Gott auch vor Situationen, die wir scheinbar nicht bewältigen können. Die zu groß für uns aussehen. Wir vergessen, dass wir ihn an unserer Seite haben, und sehen nur auf uns selbst. Wir denken an all das, was schiefgehen könnte. 
Ist es grausam von Gott, uns das zuzumuten? Nein, denn er weiß, was er uns zutrauen kann. Er hat uns schließlich gemacht und kennt uns durch und durch. Die Sicht einer Mutter auf ihr Kind mag fehlerhaft sein, aber Gottes Sicht von uns ist es nicht. So schickt er uns hinaus ins Unbekannte. Wir schlucken. Wir zittern. Wir weinen. Wir fühlen uns allein. 
Doch er ist bei uns, die ganze Zeit. Und erwartet uns gleichzeitig bereits auf der anderen Seite. Wenn wir die Herausforderung bewältigt haben, feiert er uns. Nimmt uns fest in den Arm und sagt uns, wie stolz er auf uns ist. Dass er uns das von Anfang an zugetraut hat und wusste, dass wir es schaffen können. Er trocknet unsere Tränen. Und wir wissen: Wir sind geliebt und können alles schaffen mit ihm – selbst das, was wir uns selbst nicht zugetraut haben.

Esther Middeler

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6 Antworten

  1. Liebe Esther!
    Vielen herzlichen Dank für deinen herrlichen Vergleich. Das hat mich jetzt so ermutigt, weiterhin durchzuhalten und am Herrn zu bleiben.
    Ganz liebe Grüße Karin

  2. Sehr schöner Text, welcher mich gerade sehr berührt hat.So ermutigend wie ihr euch den Ängsten gestellt habt, in der Gewissheit,dass Jesus beisteht.Vielen Dank für diese wunderbaren Worte.

  3. Ich finde es so schön und sehr lieb wie Frau Middeler und ihr Mann sich der Ängste ihres Sohnes angenommen und immer wieder versucht haben, ihm zu helfen, es alleine zu schaffen.
    Auch ihrem Sohn gilt meine Bewunderung. Es ist ihm sehr schwer gefallen, aber er hat das Ziel im Auge behalten und den Weg geschafft! Welche Freude!
    Nur gut, dass unser Herr auch so geduldig mit uns umgeht!

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