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Montag, 23.11.2020

Wachsen und Werden

Manchmal staune ich darüber, dass Gott nicht nur als Mensch, sondern sogar als kleines Baby auf die Welt kam. Wie leicht wäre es für ihn gewesen, plötzlich irgendwo als erwachsener Mann aufzutauchen und seine Berufung wahrzunehmen. Stattdessen ist er als Kind völlig abhängig von seiner Mutter, die ihm Nahrung schenkt, ihn in Windeln hüllt und rundum versorgt. Er, der „das Wort“ genannt wird, muss sprechen lernen! Der, der die ganze Welt umspannt, versucht erste Schritte und kann als Kleinkind nur ein paar Meter bewältigen.
Vielleicht hätte er dann ja wohl wenigstens als junger Mann, so mit 18 oder 20 Jahren, sein Wirken beginnen können. Dann hätte er ein paar Jahre mehr gehabt. Aber nein: Er bleibt weitere zehn Jahre bei seiner Familie, hilft seinem Vater in der Werkstatt, bewegt sich unter den Nachbarn seines Dorfes, lernt den Wert einer Arbeit, Verantwortung für seine Familie und gesellschaftliche Zusammenhänge kennen. Er nimmt so lange an Reife, Wissen und Weisheit zu, bis seine Zeit gekommen ist.
Das Prinzip Gottes ist Wachstum. Und das braucht Zeit. Es ist ein Werden. Nichts auf dieser Welt ist von vornherein perfekt – aber dennoch in sich wunderbar. In einem Samenkorn ist alles vorhanden, um zu einer ihm entsprechenden Pflanze heranzuwachsen. Seine DNA macht es zu einem Vergissmeinnicht, einer Sonnenblume, einer Weizenähre oder einer Eiche. Alles ist da. Auch ein Baby hat schon alles, was es braucht: ein kompletter Mensch. Dennoch muss es wachsen, reifen, werden.
Wachstum kann man überall beobachten. Pflanzen, Tiere, Menschen. Die Schöpfung ist dynamisch. Sogar das Universum ist noch immer dabei, sich auszudehnen … Und das Prinzip Wachstum gilt nicht nur für die sichtbare Welt. Jesus hat es ganz klar gesagt: Gottes Reich hat begonnen. Aber es ist noch nicht vollkommen da. Die Erfüllung lässt noch auf sich warten.
Oft sind wir ungeduldig mit uns, mit anderen, mit Zuständen, mit dem, was wir so oft vorfinden. Versuchen wir zu verstehen: Das Warten auf Wachstum ist ein Wunder des Werdens. Darin liegt eine Schönheit, die sich nur Gott ausdenken konnte. Ist nicht ein erschrittener Weg genauso wertvoll wie das Ziel? Ist nicht der Frühling mit seinem frischen Grün ebenso wunderbar wie der Herbst mit seiner reichen Ernte? Ist ein kreativer Prozess nicht mindestens so belebend wie ein fertiges Kunstwerk? Werden dürfen ist ein göttliches Geschenk.

Susanne Tobies

Dieser Text ist ein Auszug aus „24 Augenblicke im Advent“, das im Neufeld-Verlag erschienen ist.

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5 Antworten

  1. Und wieder einmal ist Geduld gefragt, "mein "Thema...
    Aber gut, dass Gott diese Geduld mit mir hat und wie lange schon...
    Dafür danke ich ihm!
    Und auch allen anderen unfertigen, die sie auch mit mir und hoffentlich auch mit sich selber haben!

  2. Bei dem Gedanken an lebenslanges Wachsen und Reifen fällt spontan der zweite, weniger bekannte Teil des Gelassenheitsgebets ein, das ich sehr oft bete. Denn Wachsen und Reifen braucht Geduld, langen Atem, Mut, nach dem Stolpern und Hinfallen wieder aufzustehen.
    "Gott gebe mir Geduld
    mit Veränderungen, die ihre Zeit brauchen
    und Wertschätzung für alles was ich habe.
    Toleranz gegenüber jenen
    mit anderen Schwierigkeiten
    und die Kraft
    aufzustehen und es wieder zu versuchen."

  3. Danke, für diesen wunderbaren Beitrag!
    Im Wachsen und Werden liegt das Wunder von Gottes Schöpfung..
    und wir sind ein Teil davon. Schön!

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